Wissenswertes zur Pensionskasse - Teil 1

Die AHV und die Pensionskasse stellen die Finanzierung der Altersrenten sicher. Beide Sozialwerke sind für die Arbeitnehmenden von zentraler Bedeutung. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, worauf es ankommt.

Wir befassen uns im BDO Newsletter seit vielen Jahren mit der Pensionskasse. In diesem Beitrag stellen wir Aspekte dar, die für Arbeitnehmende und für Arbeitgeber wichtig sind. Die Interessen dieser beiden Parteien sind oft gar nicht so unterschiedlich, sind doch Arbeitgeber oft selber auch Arbeitnehmende. Kommt dazu, dass der Arbeitgeber ein grosses Interesse an einer leistungsfähigen Pensionskasse haben muss, da er - in der Regel - ein attraktiver Arbeitgeber sein möchte.

Die Basics in Kürze 

Die Pensionskasse und die AHV müssen nach der Pensionierung die Fortführung des gewohnten Lebensstandards sichern. Das BVG1 regelt die berufliche Vorsorge, die sogenannte 2. Säule. Die Arbeitnehmenden und Arbeitgeber äufnen während der Erwerbsphase, typischerweise zwischen Alter 25 und 65, gemeinsam und paritätisch das Sparkapital. Im Gegensatz zur AHV (1. Säule), welche nach dem Umlageverfahren finanziert ist, wird beim BVG ein Kapital angespart (Kapitaldeckungsverfahren), das bei Pensionierung mit dem gesetzlichen oder reglementarischen Umwandlungssatz in eine Altersrente umgerechnet wird. Alternativ besteht im BVG die Möglichkeit, anstelle einer Rente das gesamte Kapital oder einen Teil davon zu beziehen.

Bei Verheirateten wird nach der Pensionierung eine volle Altersrente auf zwei Leben ausgerichtet. Nach dem Versterben des ersten Ehepartners wird diese in der Regel auf 60 Prozent der vollen Rente gekürzt.

Bei Invalidität während der Erwerbsphase wird eine Invalidenrente ausbezahlt. Sind Kinder vorhanden, wird zusätzlich eine Invalidenkinderrente ausgerichtet.

Sollte ein verheirateter Arbeitnehmer vor der Pensionierung versterben, wird dem hinterbliebenen Ehegatten eine Witwenrente oder Witwerrente ausbezahlt, welche oft ebenfalls 60 Prozent der vollen Altersrente beträgt. Für Kinder bis 18 Jahre gibt es eine Waisenrente. Studieren sie, wird diese bis zum 25. Altersjahr ausbezahlt.

Aktuelle Herausforderungen 

Die berufliche Vorsorge ist das Sozialwerk in der Schweiz, das wohl am stärksten unter Reformdruck steht. In der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden vor allem die Herausforderungen rund um die AHV. Die AHV ist wahrscheinlich das beliebteste Sozialwerk der Schweiz. Deren Sanierung ist ungleich einfacher, da hier neben höheren Beiträgen von Arbeitnehmenden und Arbeitgeber auch Steuermittel (z.B. MWST-Prozente) eingesetzt werden können. Eine Möglichkeit, die bei der Pensionskasse nicht besteht.

Die Herausforderungen der Pensionskassen sind kurz gesagt: Die zunehmende Lebenserwartung der Versicherten und die seit einem Jahrzehnt anhaltende Tiefzinsphase, die zu ungenügenden Anlageergebnissen führt. Dazu kommt, dass der gesetzliche Umwandlungssatz für das Versicherungsobligatorium mit 6,8 Prozent deutlich zu hoch ist. Die Pensionskassen können die dafür erforderlichen Erträge nicht mehr erwirtschaften und bezahlen zu hohe Altersrenten aus. Daher gibt es eine wesentliche und im System der beruflichen Vorsorge nicht vorgesehene Umverteilung von Erwerbstätigen zu Rentnern - und in schlechten Anlagejahren wie 2018 - von jüngeren zu älteren Erwerbstätigen, bei welchen ein grösserer Kapitalstock zu verzinsen ist.

Die Politik versuchte dies mehrfach zu korrigieren. In der Volksabstimmung des Jahres 2010 fand die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 Prozent auf 6,4 Prozent genauso wenig eine Mehrheit der Stimmbürger wie die Altersvorsorge 2020, die einen Umwandlungssatz von 6,0 Prozent mit sich gebracht hätte. Die Politik, aber auch der Stimmbürger tun sich schwer mit den Anpassungen der gesetzlichen Regelungen an die Realität.

Der Umwandlungssatz reflektiert die steigende Lebenserwartung der Rentner und den tiefen Kapitalertrag. Beide Faktoren implizieren einen deutlich tieferen Umwandlungssatz als im BVG vorgegeben (siehe weiter unten). Der Reformstau ist offensichtlich und wird mit jedem Jahr grösser.

Auch in Jahren mit Anlageverlusten (wie im Jahr 2018) müssen die Pensionskassen den Versicherten den vom Bundesrat festgelegten Mindestzins2 auf Sparguthaben für das BVG-Obligatorium gutschreiben. Früher wurden die Pensionskassen massgeblich mit Zinserträgen alimentiert. Man sprach vom sogenannten «dritten Beitragszahler». Diese Zeiten sind längst vorbei. Durch die tiefen Zinsen wächst der Kapitalstock der Erwerbstätigen seit einem Jahrzehnt deutlich langsamer als früher. Die erreichbaren Sparkapitalien sind tiefer.

Kommt dazu, dass die Umwandlungssätze auf breiter Front - langsam aber stetig - sinken. Der Umwandlungssatz gibt an, wie hoch die Rente nach der Pensionierung dereinst sein wird. Bei Einführung des BVG-Obligatoriums im Jahr 1985 betrug der Umwandlungssatz 7,2 Prozent. Ein Kapitalstock von 100'000 Franken wurde in eine jährliche Rente von 7'200 Franken umgerechnet.

Aktuell beträgt der Umwandlungssatz für das BVG-Obligatorium noch 6,8 Prozent bei Erreichen des ordentlichen Pensionsalters. Der effektive Umwandlungssatz bei vielen Pensionskassen liegt jedoch zwischen 5,0 und 5,5 Prozent. Wer sich frühpensionieren möchte, muss mit nochmals wesentlich tieferen Sätzen rechnen, denn die Rente muss auf mehr Jahre verteilt werden.

Wichtig ist für Sie, die eigene Pensionierung langfristig zu planen. Falls es finanziell möglich und gewünscht ist, ist der Einkauf in die Pensionskasse zu prüfen. Damit können Sie kurzfristig die Steuern optimieren und langfristig die Leistungen nach der Pensionierung verbessern. In diesem Artikel befassen wir uns weder mit dem Einkauf in die Pensionskasse noch der Entscheidung: «Kapital oder Rente», sondern mit anderen spannenden Fragen rund um die Ausgestaltung der Vorsorge.

Weiterführende Informationen im BDO Newsletter Dezember 2017: «Was kann man gegen schwindende Pensionskassenrenten tun?»

Minimale Pensionskasse oder grosszügiger Ausbau?

Das BVG ist ein Rahmengesetz, welches die minimalen zu erfüllenden Bestimmungen enthält. Wenn der Arbeitgeber über diese Minimalvorschriften hinausgehen will, hat er einen grossen Spielraum. Es wird angenommen, dass nur ca. 15 Prozent der Arbeitnehmenden bei einer Pensionskasse angeschlossen sind, welche nur die minimalen Standards erfüllt. Eine besser ausgebaute Pensionskasse (auch umhüllende oder überobligatorische Pensionskasse genannt) kostet zwar mehr, sie ist jedoch deutlich leistungsfähiger. Eine gut ausgebaute Pensionskasse ist ein stichhaltiges Argument bei der Rekrutierung von Arbeitskräften.

Für viele Arbeitgeber ist klar, dass sie die Pensionskasse besser als im BVG verlangt ausgestalten wollen. Welche Optionen gibt es und welche sind sinnvoll? Einige dieser interessanten Wahlmöglichkeiten, aber auch mögliche Stolpersteine, stellen wir nachfolgend dar.

Oft besteht eine Pensionskassenlösung für alle Mitarbeitenden und eine Zusatzversicherung für leitende Angestellte. Diese Ausgestaltung ist in der Regel sinnvoll, da mit zunehmendem Einkommen weitere Bedürfnisse abgedeckt werden müssen. Die AHV deckt Einkommen bis zu einer Höhe von 85'320 Franken optimal ab3, das BVG erreicht die maximalen Leistungen bei derselben Lohnsumme4.

Was passiert im Todesfall?

Wichtig ist, die Funktionsweise der Pensionskasse zu verstehen. Bei Versterben einer ledigen Person ohne Kinder vor Pensionierung behalten viele Pensionskassen das Sparkapital ein.

Bei Versterben erwerbstätiger verheirateter Personen, wenn eingetragene Partner oder mitgeteilte Lebenspartner bestehen oder wenn Kinder vorhanden sind, werden in der Regel Hinterbliebenenrenten ausbezahlt. Die Ehepartnerrente beträgt in der Regel 60 Prozent der Altersrente. Kinder erhalten Kinderrenten. Auch in diesem Fall wird das Restkapital von der Pensionskasse einbehalten.

Auch nach Erreichen des Pensionsalters wird bei Versterben eines verheirateten Versicherten die Altersrente wesentlich gekürzt. In der Regel beträgt diese für den überlebenden Ehegatten 60 Prozent der vorherigen Altersrente. Auch hier wird das frei werdende Alterskapital «in den grossen Topf» der Pensionskasse umgebucht. Dies führt - verständlicherweise - bei vielen Betroffenen zu Unmut und der Pensionskasse wird manchmal der Vorwurf der Bereicherung gemacht.

Was wie «Diebstahl an der arbeitenden Bevölkerung» aussieht, ist in Wirklichkeit die Auswirkung des Versicherungsprinzips. Die Pensionskassen bereichern sich nicht mit diesen Geldern, sondern sie verwenden sie für die Finanzierung des «Langleberisikos». Auch lang lebende Personen, die ihren persönlichen Kapitalstock rechnerisch längst aufgebraucht haben, erhalten weiterhin bis zum Lebensende ihre Rente. Finanziert wird diese unter anderem mit den Kapitalien der Personen, die vorzeitig verstorben sind. Es gibt somit Personen, die netto mehr in die Pensionskasse einzahlen, als für ihre Rente erforderlich ist, andere bezahlen zu wenig ein.

Dieses Solidaritätsprinzip ist grundsätzlich sinnvoll und garantiert jedem Rentner eine lebenslange Rente. Allerdings kann dieses Prinzip bei Tätigung von wesentlichen freiwilligen Einkäufen in das BVG «zum Problem» werden. Wenn der Versicherte nämlich das Pensionsalter nicht erreicht, wird in der Folge auch ein Teil der freiwilligen Einkäufe in die Pensionskasse von dieser ausgebucht respektive «eingesackt». Dieser Kapitalverlust kann für die Erben mit dem Abschluss eines zusätzlichen Todesfallkapitals kompensiert werden.

Option zusätzliche Todesfallversicherung - Rückgewähr 

Es ist möglich, für eine geringe Prämie ein zusätzliches Todesfallkapital5 zu versichern (Kapitalschutz im Todesfall). Dieses kommt Ehegatten, eingetragenen Partnern oder mitgeteilten Lebenspartnern zu Gute, sofern die versicherte Person vor der Pensionierung versterben sollte.

Es ist auch möglich, die Rückgewähr persönlicher Einlagen im BVG-Reglement vorzusehen. Die Formulierung könnte wie folgt aussehen: «Alle Anspruchsberechtigten erhalten das vorhandene ausserordentliche Sparkapital sowie die Einzahlungen für den Einkauf in die vollen reglementarischen Leistungen.»

Option Prämienbefreiung 

Die meisten Pensionskassen sehen diese sehr empfehlenswerte Option vor: Wird ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin aufgrund von Krankheit oder Unfall arbeitsunfähig, hat er oder sie nach einer Wartefrist von in der Regel drei Monaten Anspruch auf die Prämienbefreiung. Das heisst, die Altersgutschriften (Sparbeiträge) werden nach Ablauf der Wartefrist dem oder der Versicherten weiterhin gutgeschrieben. Auch die Prämien des Arbeitgebers entfallen nach der Wartefrist.

Diese Option ist vergleichsweise kostengünstig und sie ist für die betroffenen Mitarbeitenden sehr wichtig. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Stiftung länger dauernde Krankheiten oder Unfälle unverzüglich zu melden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Versicherung die Leistungen verweigert. In solchen Fällen wird der Arbeitgeber für den Schaden haftbar.

Weiterführende Informationen im BDO Newsletter Februar 2016: «Prämienbefreiung bei der Pensionskasse».

Option Teilzeitversicherte - Koordinationsabzug 

Im BVG ist ein sogenannter «Koordinationsabzug» von 24'885 Franken (Jahr 2019) vorgesehen. Obligatorisch versichert sind nur die Lohnbestandteile, die oberhalb dieser Limite sind. Durch den vollen Koordinationsabzug ist der versicherte Lohn von Teilzeitarbeitenden oft tief. Dies wirkt sich noch verstärkt aus, wenn sie für mehrere Arbeitgeber tätig sind und jeder den vollen Koordinationsabzug vornimmt. Das BVG sieht per Gesetz keine Berücksichtigung des Beschäftigungsgrades vor.

Diesem Umstand kann der Arbeitgeber abhelfen, indem er freiwillig keinen oder einen auf Teilzeitmitarbeitende reduzierten Koordinationsabzug im BVG-Reglement vorsieht. Dabei wird der Koordinationsabzug im Verhältnis zum Teilzeitpensum reduziert. Bei einem 50 Prozent-Pensum und einem Lohn von beispielsweise 35'000 Franken wird nach Abzug des Koordinationsabzuges von 24'885 Franken (Jahr 2019) nicht ein Lohn von 10'115 Franken, sondern ein Verdienst von 22'557 Franken versichert. Dies ist für Teilzeitarbeitende wichtig, da sie von einem starren Koordinationsabzug besonders betroffen sind.

Option Teilzeitversicherte - Mehrere Arbeitgeber 

Vorab muss für jedes Einkommen geprüft werden, ob die BVG-Eintrittsschwelle von 21'330 Franken pro Jahr (Stand 2019) bei einem Arbeitgeber erreicht wird. Wenn ja, unterliegt dieses Einkommen (Arbeitgeber 1) zwingend der BVG-Versicherungspflicht.

Sind weitere nicht versicherte Einkommen aus Teilzeitarbeit vorhanden, die unterhalb der Eintrittsschwelle liegen, haben Arbeitnehmende freiwillige Vorsorgemöglichkeiten. Der nicht versicherte Lohn aus einer weiteren Teilzeitarbeit (Arbeitgeber 2) kann in der bestehenden Vorsorgeeinrichtung bei Arbeitgeber 1 versichert werden, falls deren reglementarische Bestimmungen dies vorsehen. Eine weitere Versicherungsmöglichkeit bietet die Stiftung Auffangeinrichtung.

Übersteigt kein Lohn aus der Tätigkeit bei mehreren Arbeitgebern die BVG-Eintrittsschwelle von mehr als 21’330 Franken pro Jahr, so unterliegt man keiner BVG-Versicherungspflicht. Freiwillige Versicherungsmöglichkeiten können insbesondere dann genutzt werden, wenn der Gesamtbetrag aller Einkommen über der BVG-Eintrittsschwelle liegt. Wird die Eintrittsschwelle gesamthaft betrachtet überschritten, können sich Arbeitnehmende freiwillig bei der Stiftung Auffangeinrichtung oder bei der Vorsorgeeinrichtung eines Arbeitgebers versichern lassen, sofern deren reglementarische Bestimmungen dies vorsehen.

Diese Option kann wie folgt formuliert werden: «Ein Versicherter, der auch noch bei einem oder mehreren anderen Arbeitgebern tätig ist, kann die dort erzielten Lohnbestandteile im Rahmen dieses Reglements zusätzlich versichern lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass er bei keinem seiner anderen Arbeitgeber bereits für die gesetzlichen Leistungen versichert ist. Die Versicherung erfolgt auf der Basis der Lohnsumme aus allen Arbeitsverhältnissen. Die Stiftung übernimmt in diesem Falle die Aufteilung der Beiträge auf die verschiedenen Arbeitgeber.»

Weiterführende Informationen im BDO Newsletter April 2018: «Berufliche Vorsorge bei mehreren Arbeitgebern».

Den zweiten Teil dieses Artikels publizieren wir Ende Juni 2019.

 

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1 BVG bedeutet: «Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge».

2 Der Mindestzins für die Verzinsung des BVG-Obligatoriums beträgt im Jahr 2018, aber auch 2019 ein Prozent.

3 Die maximale AHV-Rente im Jahr 2019 wird bei einem Einkommen von 85'320 Franken erreicht. Höhere Einkommen sind zwar AHV-pflichtig, führen jedoch nicht zu einer höheren Rente.

4 Im BVG-Obligatorium werden im Jahr 2019 Löhne bis 85'320 Franken versichert. Die allenfalls darüber liegenden Lohnbestandteile sind nicht Gegenstand des Obligatoriums. Diese werden nur dann versichert, wenn eine überobligatorische Pensionskasse besteht.

5 Es ist beispielsweise möglich, ein zusätzliches Todesfallkapital von zwei oder drei Jahressalären zu versichern.