Umsetzung der OECD-Mindeststeuer in der Schweiz

Die zentrale Bedeutung von Country-by-Country-Reporting für multinationale Unternehmensgruppen

Aktuelles zur Umsetzung

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 22.12.2023 beschlossen, die Ergänzungssteuer im Inland ab dem 01.01.2024 zu erheben. Hingegen verzichtet der Bundesrat vorerst auf die Inkraftsetzung der internationalen Ergänzungssteuer IIR und UTPR. Er wird diesbezüglich die weitere internationale Entwicklung verfolgen und zu einem späteren Zeitpunkt über deren Einführung entscheiden, falls dies angezeigt ist, um die Interessen der Schweiz zu wahren. Die Verordnung über die Mindestbesteuerung grosser Unternehmensgruppen (Mindestbesteuerungsverordnung, MindStV) tritt somit am 01.01.2024 in Kraft. Sie findet Anwendung auf Geschäftsjahre, die ab dem Tag ihres Inkrafttretens beginnen.

 


 

Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die wesentlichen Aspekte der länderbezogenen Berichterstattung und erfahren, welche Massnahmen es zu ergreifen gilt, um von den zeitlich beschränkten Erleichterungen, den sogenannten «Transitional Safe Harbours», zu profitieren.

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Was ist Country-by-Country-Reporting?

«Der länderbezogene Bericht enthält Informationen über die weltweite Verteilung der Umsätze und der entrichteten Steuern, weitere Kennzahlen der multinationalen Konzerne in den einzelnen Staaten und Hoheitsgebieten sowie Angaben über die wichtigsten wirtschaftlichen Tätigkeiten sämtlicher konstitutiver Rechtsträger des multinationalen Konzerns.» Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV

Country-by-Country-Reportin (CbCR), die länderbezogene Berichterstattung, wurde im Rahmen der Massnahmen gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) von der OECD eingeführt, um die internationale Steuertransparenz zu stärken. Ursprünglich sollte es sich bei CbCR um ein Werkzeug zur Risikoprüfung für Steuerbehörden handeln, um potenzielle BEPS-bezogene Risiken für eine multinationale Unternehmensgruppe zu identifizieren. Das CbCR wurde in über 100 Ländern eingeführt, darunter die G20- und die OECD-Mitgliedsstaaten.

Wie wurde Country-by-Country-Reporting in der Schweiz eingeführt?

Im Schweizer Landesrecht wurde das CbCR am 1. Dezember 2017 eingeführt und fand ab 2018 Anwendung, wobei das Einreichen des länderbezogenen Berichts für die Jahre 2016 und 2017 auf freiwilliger Basis in der Schweiz erfolgen konnte. Die Schweizer CbCR-Einreichungsanforderungen gelten für multinationale Unternehmensgruppen mit einem Mutterkonzern in der Schweiz und einem Jahresumsatz von über 900 Millionen Franken im unmittelbar vorhergehenden Steuerjahr.

Welchen Zweck erfüllt der Country-by-Country-Report im Rahmen der Mindeststeuer?

Um den Compliance-Aufwand für die multinationalen Unternehmensgruppen im Rahmen der Mindestbesteuerung gemäss Säule 2 zu reduzieren, führte die OECD bestimmte zeitlich befristete Erleichterungen ein, sogenannte Transitional Safe Harbours, um den Betrieb der Unternehmensgruppen in bestimmten risikoärmeren Steuerhoheitsgebieten in den ersten Jahren aus dem Geltungsbereich der Berechnungen der GloBE-Mustervorschriften auszuschliessen. Die Transitional Safe Harbours beziehen sich grösstenteils auf die bestehenden Daten aus dem Country-by-Country-Report der multinationalen Unternehmensgruppen, was dessen Zweck erheblich verändert und wodurch seine Relevanz für die Unternehmensgruppen in den kommenden Geschäftsjahren deutlich steigt.

Die Transitional Safe Harbours bestehen aus drei Tests, um risikoärmere Steuerhoheitsgebiete zu identifizieren:

  • De-minimis-Test: Die Umsätze gemäss qualifiziertem CbC-Report belaufen sich auf weniger als 10 Million Euro und der Gewinn vor Steuern gemäss qualifiziertem CbC-Report beläuft sich auf weniger als 1 Million Euro (einschliesslich Verluste). 
  • Vereinfachter ETR-Test: Die vereinfachten unter GloBE erfasste «Covered Taxes» (d.h. der vereinfachte Steueraufwand gemäss den GloBE Regelungen) dividiert durch den Gewinn (Verlust) vor Steuern gemäss qualifiziertem CbC-Report ergibt eine Effektivsteuerbelastung von mindestens 15% (für 2024, 16% für 2025, 17% für 2026).
  • Routinegewinn-Test: Der Gewinn oder Verlust vor Einkommenssteuern gemäss qualifiziertem CbC-Report ist gleich hoch oder kleiner als der substanzbasierte Freibetrag gemäss den GloBe-Mustervorschriften.

Besteht die multinationale Unternehmensgruppe einen der drei Tests, ist sie von einer vollständigen GloBE-Berechnung für jede Geschäftseinheit im jeweiligen Steuerhoheitsgebiet befreit, wodurch sich die zusätzliche Steuer für dieses Steuerhoheitsgebiet anhand der vereinfachten Berechnungen effektiv auf null reduziert. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die multinationale Unternehmensgruppe nicht von der Befolgung der unternehmensweiten GloBE-Anforderungen befreit ist (z.B. Einreichen einer GloBE «Information Return» und gegebenenfalls die Anwendung der Transitional Safe Harbours in einem Steuerhoheitsgebiet).

Die Transitional Safe Harbours beschränken sich auf eine Übergangsphase und können von multinationalen Unternehmensgruppen voraussichtlich für die ersten drei Geschäftsjahre (d.h. 2024, 2025 und 2026) angewendet werden.
 

Was gilt es zu beachten?
  • Qualifizierendes CbCR: Die Anwendung der Transitional Safe Harbours ist von einem «qualifizierenden CbC-Report», also einem CbC-Report, der auf «qualifizierten Jahresabschlüssen» basiert, abhängig. Qualifizierte Jahresabschlüsse umfassen sowohl die konsolidierten Jahresabschlüsse des Mutterkonzerns als auch die separaten Jahresabschlüsse für jede Geschäftseinheit, sofern diese im Einklang mit einem akzeptablen oder autorisierten Rechnungslegungsstandard erstellt wurden und verlässlich sind. Für eine Schweizer multinationale Unternehmensgruppe sollten Jahresabschlüsse, die im Einklang mit den IFRS, US GAAP oder Swiss GAAP FER erstellt wurden, als qualifizierend gelten.
  • Vereinfachte «Covered Tax»: Während der Gewinn (Verlust) für den ETR-Test aus dem CbCR genommen wird, wird die vereinfachte «Covered Tax» aus den Jahresabschlüssen der Geschäftseinheit abgeleitet. Dabei wird vom Ertragssteueraufwand ausgegangen, welcher um die gemäss GloBE nicht unter die «Covered Taxes» fallenden Steuern sowie Steueraufwände im Zusammenhang mit Steuerrisiken («uncertain tax positions») korrigiert wird. Dies stellt eine Vereinfachung im Vergleich zu den erfassten Steuern gemäss den GloBE-Mustervorschriften dar, da keine mehrfachen GloBE-Anpassungen erforderlich sind. 
  • Einmal draussen, immer draussen: Wenn eine multinationale Unternehmensgruppe die Transitional Safe Harbours in Bezug auf ein bestimmtes Steuerhoheitsgebiet in einem Geschäftsjahr, in dem die Unternehmensgruppe den GloBE-Mustervorschriften unterliegt, nicht angewandt hat, kann sich die Unternehmensgruppe für die Transitional Safe Harbours für dieses Steuerhoheitsgebiet auch in einem späteren Jahr nicht qualifizieren. Dies gilt selbst dann, wenn die Unternehmensgruppe die Transitional-Safe-Harbours-Tests in den folgenden Jahren wieder bestehen würde. Anders gesagt, ist das erste Jahr der Anwendung der GloBE-Mustervorschriften massgeblich für das Ausmass der Ermässigung im Rahmen der Transitional Safe Harbours. Für Schweizer multinationale Unternehmensgruppen ist dies möglicherweise das Geschäftsjahr, das am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnt.
  • Abweichungen zwischen der QDMTT und den GloBE-Mustervorschriften: Die OECD erlaubt den Ländern, die die qualifizierte nationale Ergänzungssteuer (Qualified Domestic Minimum Top-Up Tax; QDMTT) in ihrem nationalen Recht einführen, Flexibilität. Die QDMTT muss den GloBE-Mustervorschriften nicht vollständig entsprechen, aber sie muss auf eine Art und Weise umgesetzt und verwaltet werden, die mit den Ergebnissen, die in den GloBE-Mustervorschriften vorgesehen sind, in Einklang stehen. Was die Schweiz betrifft, so wird das Schweizer QDMTT-Rahmenwerk mit den GloBE-Mustervorschriften in Einklang stehen, und der Bundesrat hat vorerst nicht vor, von den GloBE-Mustervorschriften abzuweichen.
 
Welche Massnahmen gilt es zu ergreifen, um von den Transitional Safe Harbours zu profitieren?

Um von den Transitional Safe Harbours vollumfänglich zu profitieren, müssen folgende Massnahmen ergriffen werden:

  • Datenbasis für qualifiziertes CbCR: Sicherstellen, dass die Daten, die als Basis für CbCR verwendet werden, den Anforderungen der «qualifizierten Jahresabschlüsse» entsprechen, und dass der CbCR-Vorbereitungsprozess solide ist und den neuesten Richtlinien der OECD entspricht.
  • Informationen im Jahresabschluss: Sicherstellen, dass die zusätzlichen Daten, die ausserhalb des CbCR benötigt werden (die für die Berechnung der Transitional-Safe-Harbours-Tests erforderlich sind, wie beispielsweise die von GloBE erfassten Steuern), über ein etabliertes Verfahren zur Verfügung stehen.  
  • CbCR-Zeitrahmen: Um prüfen zu können, ob die multinationale Unternehmensgruppe für Transitional Safe Harbours in den jeweiligen Steuerhoheitsgebieten in Frage kommt, müssen die Daten, die für die Berechnung von Transitional Safe Harbours erforderlich sind, zeitnah vorliegen.  Das bedeutet, dass die CbCR-Daten umgehend erstellt werden sollten (und nicht erst Monate nach Ende des Geschäftsjahres, wie bei einer standardmässigen Vorbereitung des CbCR).  
  • Wechselseitige Abhängigkeit: Da zwischen dem CbCR, der Steuerbuchhaltung gemäss GloBE und der eventuellen Qualifizierung für die Transitional Safe Harbours und potenziellen Ergänzungssteuern gemäss dem QDMTT-Regime eine wechselseitige Abhängigkeit besteht, muss ein solides Verfahren entwickelt werden, um dies zu erleichtern und die Daten zeitnah zur Verfügung zu stellen.
  • Freiwilliges CbCR: Die multinationalen Unternehmensgruppen mit Sitz in der Schweiz, deren Umsatz unter dem Schwellwert von CHF 900 Millionen (aber über EUR 750 Millionen)  liegt, sollten einen freiwillige CbC-Report in Betracht ziehen, um von den Transitional Safe Harbours profitieren zu können und ihren Compliance-Aufwand im Rahmen der Säule 2 in den ersten Jahren zu minimieren.

 


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