Ist eine Holdingstruktur steuerlich noch zeitgemäss?

Die Abschaffung des Holdingprivilegs per 1. Januar 2020 bewirkt, dass Holdinggesellschaften in der Schweiz neu ordentlich besteuert werden. In diesem Zusammenhang kann sich aus steuerlicher Sicht die Frage stellen, ob eine Holdingstruktur noch zeitgemäss ist oder ob Anpassungen vorgenommen werden sollten.

Die Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) trat per 1. Januar 2020 in Kraft. Hierbei wurde unter anderem auch das international nicht mehr akzeptierte Holdingprivileg abgeschafft. Qualifizierende Holdinggesellschaften waren Gesellschaften, deren Zweck zur Hauptsache in der dauernden Verwaltung von Beteiligungen bestand und die in der Schweiz keine Geschäftstätigkeit ausübten. Sie waren bisher grundsätzlich von den Gewinnsteuern auf Stufe Kanton und Gemeinde befreit und entrichteten lediglich eine reduzierte Kapitalsteuer. Bei der direkten Bundessteuer wurden Holdinggesellschaften stets ordentlich besteuert, wobei der sogenannte Beteiligungsabzug angewendet werden konnte. Dieser stellte Erträge aus qualifizierten Beteiligungen, d.h. Beteiligungen von mehr als 10 Prozent Kapitalanteil oder einem Verkehrswert von mindestens 1 Mio. Franken, indirekt von den Gewinnsteuern beim Bund frei.
 

Änderungen im Rahmen der STAF

Durch den Wegfall des Holdingprivilegs werden diese Gesellschaften nun ordentlich besteuert, und zwar auf Stufe Kanton, Gemeinde und (wie bisher) Bund. Ob sich die Gewinn- und Kapitalsteuerbelastung der Gesellschaft dadurch wesentlich erhöhen wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Beispielsweise spielt die Zusammensetzung des Umsatzes eine wesentliche Rolle. Holdinggesellschaften, die ausschliesslich Erträge aus qualifizierten Beteiligungen erzielen, haben aufgrund des nach wie vor anwendbaren Beteiligungsabzugs kaum eine markante Erhöhung der Gewinnsteuern zu befürchten. Vielmehr ist bei solchen Gesellschaften die Kapitalsteuer von zentraler Bedeutung, da diese einen wesentlichen Kostenfaktor darstellen kann. Um einem Wegzug solcher Gesellschaften entgegenzuwirken, haben verschiedene Kantone im Rahmen der kantonalen Umsetzung der STAF unter anderem auch ihre Kapitalsteuersätze reduziert und Massnahmen zur Reduktion der Kapitalsteuerbemessungsbasis eingeführt.
 

Wichtige Grundüberlegungen

Sollte sich trotz dieser Massnahmen zeigen, dass der Wegfall des Holdingprivilegs eine für die Gesellschaft bedeutende Erhöhung der Steuerbelastung bewirkt, stellt sich aus steuerlicher Sicht generell die Frage, ob die Holdinggesellschaft allenfalls aufgelöst werden könnte, beispielsweise mittels Fusion, oder ob sie ihren Gesellschaftssitz in einen steuergünstigeren Kanton verlegt. In Bezug auf einen Sitzwechsel gilt es jedoch zu beachten, dass dem statutarischen Sitz die Anerkennung als Hauptsteuerdomizil versagt wird, wenn der statutarische Sitz bloss formelle Bedeutung hat. Dies ist der Fall, wenn die sich normalerweise am Sitz abspielende Geschäftsführung und Verwaltung andernorts besorgt wird. Ein Sitzwechsel kann weitreichende Konsequenzen für die Gesellschaft, aber auch für deren Anspruchsgruppen mit sich bringen und sollte daher gut überlegt und geplant sein.

Des Weiteren ist anzumerken, dass der durch die Holdinggesellschaft wahrgenommene Tätigkeitsbereich innerhalb des Konzerns nun ebenfalls neu überdacht und allenfalls angepasst werden könnte. Die Holdinggesellschaft befindet sich nun nicht mehr im Korsett der zu erfüllenden Voraussetzungen für das steuerliche Holdingprivileg. Generell ist es jedoch zu empfehlen, dass etwaige Umstrukturierungen innerhalb des Konzerns rechtzeitig und umfassend geplant werden, um steuerliche Überraschungen zu vermeiden.

Trotz des Verlustes dieses Steuerprivilegs kann die Implementierung einer Holdingstruktur auch unter dem neuen Recht weiterhin Vorteile mit sich bringen:

  • Finanzierung:
    Sämtliche nichtbetriebsnotwendige liquide Mittel können auf der Ebene der Holdinggesellschaft gebündelt und je nach Bedarf in Form von verzinslichen Darlehen an die operativen Gesellschaften zur Verfügung gestellt werden. Entsprechend übernimmt die Holdinggesellschaft die Funktion einer gruppeninternen Finanzierungsgesellschaft für die operativen Gesellschaften.
     
  • Haftungsbeschränkung:
    Durch eine limitierte, darlehensweise Zurverfügungstellung von Mitteln können die während Jahren akkumulierten nichtbetriebsnotwendigen Mittel auf Stufe der Holdinggesellschaft thesauriert werden. Im Falle von wirtschaftlichen Schwierigkeiten bzw. im schlimmsten Fall einer Liquidation einer operativen Gesellschaft bilden diese nichtbetriebsnotwendigen Mittel nicht Gegenstand der Liquidationsmasse.
     
  • Transparenz:
    Durch eine Ausschüttung der nichtbetriebsnotwendigen Mittel sind die Tochtergesellschaften gezwungen, Gewinne im operativen Bereich zu erarbeiten und können mangelnden Erfolg nicht durch betriebsfremde Erträge (bspw. Finanzerträge) vernebeln.
     
  • Abschirmungsfunktion:
    Werden operative Gesellschaften direkt durch Aktionäre in deren Privatvermögen gehalten und erfolgen Leistungsverrechnungen unter den operativen Gesellschaften, die nicht dem Drittvergleich standhalten (sog. «dealing at arm's length»), so besteht ein latentes Aufrechnungsrisiko durch die Steuerbehörden.
    Diese Aufrechnungen werden steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttungen der leistenden Gesellschaften an die Privataktionäre mit nachfolgenden verdeckten Kapitaleinlagen an die begünstigten Gesellschaften qualifiziert. Verdeckte Gewinnausschüttungen führen bei der leistenden Gesellschaft zu einer steuerbaren Gewinnaufrechnung und bei den Aktionären zu steuerbarem Einkommen. Im Weiteren unterliegen verdeckte Gewinnausschüttungen der Verrechnungssteuer von 35 Prozent.
    Durch eine Bündelung der operativen Gesellschaften unter einem Holdingdach können Steuerrisiken bei den Aktionären, welche die Beteiligungen im Privatvermögen halten, reduziert werden. Die Holdinggesellschaft übernimmt mit anderen Worten diesbezüglich eine «Abschirmungsfunktion».
     

Fazit

Zusammenfassend sei gesagt, dass sich mit dem Inkrafttreten der STAF per 1. Januar 2020 die Steuerlandschaft in der Schweiz wesentlich verändert hat. Durch den Wegfall der international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien werden beispielsweise Holdinggesellschaften nun ordentlich besteuert. Holdinggesellschaften in der Schweiz sollten daher rechtzeitig die neuen steuerlichen Gegebenheiten analysieren, um bei einem allfälligen Handlungsbedarf das weitere Vorgehen planen zu können. Folgende drei Grundüberlegungen sind hierbei insbesondere von Bedeutung: Soll die Holdinggesellschaft überhaupt weiterhin bestehen bleiben? Ist eine Anpassung oder Erweiterung des Tätigkeitsbereichs und Zwecks sinnvoll? Und, soll allenfalls ein Sitzwechsel vorgenommen werden?

 

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