Die vertragliche Gestaltung von Homeoffice

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Viele Arbeitgeber ermöglichen Homeoffice - gemäss den Empfehlungen des Bundesrates. Wir verschaffen Ihnen einen Überblick über die arbeitsvertraglichen Aspekte.

Bereits vor der Covid-19-Pandemie boten viele Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern an, gelegentlich im Homeoffice zu arbeiten. Die Details dazu besprach der Vorgesetzte mit seinen Mitarbeitenden üblicherweise mündlich. Meist sahen die Parteien davon ab, eine schriftliche Regelung zu treffen, sei es, eine schriftliche Homeoffice-Vereinbarung zu erarbeiten oder in einem Reglement gewisse Standards zu definieren.

Die Corona-Pandemie verlieh Homeoffice neuen Aufschwung. Es zeichnet sich ab, dass Arbeitnehmer künftig regelmässig zumindest einen Teil ihrer Tätigkeit im Homeoffice ausüben möchten und ein Arbeitgeber, der seinen Arbeitnehmern Homeoffice anbietet, an Attraktivität gewinnen wird. Neben der gesteigerten «Employer Attractivity» locken Mietzinseinsparungen durch Reduktion der Geschäftsräumlichkeiten, weniger Pendlerverkehr und mehr Flexibilität.

In den vergangenen Monaten wurde das Arbeiten im Homeoffice vielerorts von der Ausnahme zur Regel. Homeoffice wurde dabei auf die Probe gestellt, immer wieder den Bedürfnissen angepasst und aufs Neue hinterfragt. Aufgrund dieser Erfahrungen, dem Gestaltungsspielraum, der künftig stärkeren Verbreitung und der Risiken, die eine bloss auf mündlicher Absprache beruhende Tätigkeit im Homeoffice in sich birgt, kann es für Arbeitgeber ratsam sein, Homeoffice schriftlich zu regeln.

 

1. Homeoffice oder Telearbeit?

Manche Arbeitgeber sprechen von Telearbeit, andere wiederum von Homeoffice. Was ist der Unterschied? Als Telearbeit wird jene Arbeit bezeichnet, welche mit Hilfe von Telekommunikationsmitteln und grundsätzlich regelmässig in Form von Fernarbeit geleistet wird und die auch in den Räumlichkeiten der Organisation durchgeführt werden kann [1]. Telearbeit kann somit an einem beliebigen Ort geleistet werden: Beispielsweise im Zug, in den Räumlichkeiten einer anderen Niederlassung oder Geschäftsstelle oder in einem sogenannten Coworking Space.

Wird Telearbeit von zu Hause aus geleistet, so kann dies auch als Homeoffice bezeichnet werden. Unter dem Begriff Homeoffice wird jene Arbeit verstanden, die Arbeitnehmende ganz oder teilweise, regelmässig oder unregelmässig von zu Hause aus verrichten. Der häusliche Arbeitsplatz ist dabei normalerweise mit dem betrieblichen Arbeitsplatz durch elektronische Kommunikationsmittel verbunden [2] .

 

2. Gesetzliche Regelung

Homeoffice wird in den arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Obligationenrechts nicht explizit erwähnt. Es existieren somit keine speziellen Regelungen für Homeoffice. Es besteht kein Anspruch auf Homeoffice. Umso wichtiger ist es deshalb, Homeoffice schriftlich zu regeln und Standards festzulegen, um Missverständnissen vorzubeugen.
 

3. Rechte und Pflichten

Homeoffice entbindet den Arbeitgeber nicht von seinen Fürsorgepflichten. Er hat die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen, darf jedoch den Arbeitnehmer zur Mitwirkung verpflichten. Es gelten die arbeitsgesetzlichen Bestimmungen betreffend Arbeits- und Ruhezeiten, Sonntage, Feiertage, Nacht-, Tages- und Abendarbeit. Auch im Homeoffice ist die Arbeitszeit zu erfassen.

Überwachungs- und Kontrollsysteme, die den blossen Zweck verfolgen, die Arbeitnehmenden bei den beruflichen Tätigkeiten zu überwachen, sind unzulässig.

Betreffend der Regelung der Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflicht sowie dem Umgang mit sensiblen Daten empfiehlt sich folgende Checkliste: «Homeoffice - Vertraulichkeit und Datenschutz».
 

4. Eignung

In den vergangenen Monaten wurde Homeoffice vielerorts von der Ausnahme zur Regel. Es zeigte sich, dass sich bestimmte Tätigkeiten weniger gut für Homeoffice eignen als der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer dies erwartete. Allenfalls wurde aber auch augenfällig, dass Homeoffice für manche Mitarbeiter nicht das geeignete Arbeitsmodell darstellt. Im Hinblick auf eine regelmässige Homeoffice Tätigkeit und deren schriftliche Regelung macht es Sinn, die Frage der Eignung nochmals eingehend zu prüfen.
 

5. Entschädigung

Im April 2019 befasste sich das Bundesgericht mit einem Fall, in welchem dem Arbeitnehmer kein Arbeitsplatz im Büro zur Verfügung stand. Er nutzte ein Zimmer seiner Wohnung als Arbeitszimmer und Archiv und verlangte vom Arbeitgeber eine Mietentschädigung. Das Bundesgericht sprach sich damals für eine Erstattungspflicht nach Art. 327a OR aus. Diese gilt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen geeigneten Arbeitsplatz anbietet, da diesfalls die Arbeitsinfrastruktur zu Hause für die Berufsausübung notwendig ist. 

Abgesehen von der soeben geschilderten Situation besteht bezüglich Entschädigung von Homeoffice Spielraum für eine entsprechende Vereinbarung. Inwiefern soll beispielsweise ein Arbeitnehmer entschädigt werden, wenn er auf seinen ausschliesslichen Wunsch hin im Einverständnis mit dem Arbeitgeber im Homeoffice arbeitet, obschon ihm jederzeit ein vollständig eingerichteter Arbeitsplatz im Büro zur Verfügung steht? Besteht ein Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn er zwar mit Homeoffice einverstanden ist, er jedoch damit einem expliziten Wunsch des Arbeitgebers nachkommt?

Was soll Gegenstand einer Entschädigung sein und wie hoch soll diese ausfallen?

Stehen die möglichen Entschädigungen fest, empfiehlt sich eine Beurteilung, welche davon sozialversicherungsrechtlich als Unkosten (Spesen oder Berufsauslagen) qualifizieren und welche zum massgebenden Lohn gehören, auf dem in der Folge Sozialversicherungsbeiträge abzurechnen sind.
 

6. Sozialversicherungsdeckung

Es ist ratsam schriftlich festzulegen, an welchem Ort Homeoffice ermöglicht wird.

Davon ausgehend, dass sich das Homeoffice in der Schweiz befindet, besteht Versicherungsdeckung bei der AHV, IV, EO, ALV, BVG unabhängig vom Arbeitsort.

Auch die Deckung der Unfallversicherung UVG bleibt bestehen. Homeoffice kann grundsätzlich als «Arbeitsstätte» gesehen werden.

Unfälle während der Arbeitszeit gelten als Berufsunfall. Dies gilt auch für Pausen und auch im Homeoffice.

Unfälle, die sich bei nicht berufsüblichen Tätigkeiten ereignen, gelten jedoch als Nichtberufsunfall, was bei einer Tätigkeit mit durchschnittlich weniger als acht Stunden pro Woche dazu führt, dass keine Deckung besteht.

Unfälle, die sich während einer Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber ereignen, müssen über diesen versichert werden.
 

7. Ausländisches Homeoffice und ihre sozialversicherungsrechtliche Unterstellung

Bei einer Tätigkeit im ausländischen Homeoffice stellt sich das Problem der wesentlichen Tätigkeit (> 25 Prozent) im Wohnsitzstaat. Dies kann zur Folge haben, dass die sozialversicherungsrechtliche Unterstellung in den Wohnsitzstaat kippt, was Kostenfolgen und Risiken in sich birgt.

In Bezug auf die COVID-19-Pandemie bestehen teilweise Sondervereinbarungen zwischen den Ländern. Innerhalb EU und EFTA wird seitens BSV (Bundesamt für Sozialversicherungen) von einer flexiblen Unterstellung ausgegangen, vorerst bis Ende 2020. Auch in den meisten Drittstaaten kann von einer flexiblen Handhabung der Unterstellungsregeln ausgegangen werden, wenn die physische Ausübung vor Ort nicht möglich ist - was zu beweisen ist, weshalb wir empfehlen, sich dazu gut zu dokumentieren und im Zweifelsfall länderspezifische Abklärungen zu treffen.
 

8. Steuern

Betreffend der steuerrechtlichen Aspekte von Homeoffice verweisen wir auf folgenden Artikel: BDO Newsletter Oktober 2020 «Steuertipp Nr. 28 - Homeoffice und Steuern».
 

9. Reglement oder Vereinbarung?

Ferner steht die Frage im Raum, in welcher Form eine schriftliche Regelung getroffen werden soll. Ein Reglement bietet den Vorteil, Standards, welche für alle Arbeitnehmer gleichermassen gelten sollen, festzulegen. Die Vereinbarung mit dem einzelnen Arbeitnehmer kann bei Vorliegen eines Reglements sehr schlank ausfallen.

Beruht Homeoffice ausschliesslich auf einer schriftlichen Vereinbarung, sind darin sämtliche wesentlichen Punkte für jeden Arbeitnehmer einzeln zu regeln.
 

10. Fazit

Eine schriftliche Regelung von Homeoffice oder Telearbeit ist jedem Arbeitgeber, bei welchem im Homeoffice gearbeitet wird, zu empfehlen. Sie soll die Bedürfnisse der verschiedenen Tätigkeitsbereiche abdecken und im Einklang mit der Unternehmensstruktur und der Unternehmenskultur stehen. Eine schriftliche Regelung reduziert nicht nur Risiken, sondern kann auch einen Beitrag zur Stärkung der Attraktivität des Arbeitgebers leisten.

 

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[1] Rechtliche Folgen der Telearbeit. Bericht des Bundesrates zum Postulat 12.3166 Meier-Schatz vom 16. November 2016

[2] Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Broschüre Arbeiten zu Hause Homeoffice