Neue Erwartungen an die Banken im Geschäft mit Vermögensverwaltern?

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Der Übergang der unabhängigen Vermögensverwalter in die Welt der prudenziellen Regulierung unter FIDLEG und FINIG ist in vollem Gange. Fragen zur konkreten Umsetzung der neuen Anforderungen für Vermögensverwalter werden breit und kontrovers diskutiert. Banken unterstehen bekanntlich nicht direkt dem FINIG. Aber es sollte nicht ausser Acht gelassen werden, dass jeder Vermögensverwalter naturgemäss mit mindestens einer Bank zusammenarbeitet, meist mit mehreren. Dies wirft die Frage nach den Auswirkungen des Paradigmenwechsels und den damit verbundenen regulatorischen Anforderungen und Erwartungen an die Banken auf.

Aufgrund des neuen FINIG müssen rund 2'500 unabhängige Vermögensverwalter (UVV) und Trustees bei der FINMA eine Bewilligung beantragen, um zukünftig ihr Geschäft weiterführen zu können. Bewilligungsgesuche von bestehenden Unternehmen müssen bis spätestens Ende 2022 bei der FINMA eingereicht werden, was wiederum voraussetzt, dass bis Mitte Jahr ein entsprechendes Gesuch zur Vorprüfung an eine Aufsichtsorganisation (AO) übermittelt wurde. Trotz dreijähriger Übergangsfrist haben aktuell erst rund 250 eigenständige Institute die Bewilligung der FINMA erhalten, so dass angesichts des sich abzeichnenden Staus bei der Bearbeitung der Gesuche einzelne Stimmen bereits eine Erstreckung der Übergangsfrist für die Einreichung des Bewilligungsgesuchs forderten (was seitens FINMA aber kategorisch ausgeschlossen wird).

Trotz der Tatsache, dass wohl einige aktuell tätige Vermögensverwalter keine Bewilligung erhalten oder gar nicht erst beantragen werden, dürfte es - entgegen früher verschiedentlich geäusserter Prognosen - nicht zu einem Massensterben unter den Vermögensverwaltern kommen. In den Medien wurde zuletzt die Zahl von rund 450 Instituten genannt, welche sich aus dem Markt zurückziehen oder sich bestehenden Instituten anschliessen würden. Selbst wenn dies zutreffen sollte, ist jedenfalls nicht mit einem substanziellen Rückgang der gesamthaft tätigen Institute zu rechnen, zumal zahlreiche neu gegründete Institute daran sind, unter dem neuen regulatorischen Regime eine Bewilligung zu beantragen.

Die meisten Vermögensverwalter werden den Banken damit auch in Zukunft einerseits als Konkurrenten im Wealth Management, andererseits aber auch als mitunter wichtige Geschäftspartner im EAM-Geschäft erhalten bleiben. FINIG und FIDLEG haben den Vermögensverwaltungsbanken gegenüber den UVV immerhin die seit langer Zeit geforderten gleich langen Spiesse verschafft, was das in der Vergangenheit nicht immer einfache Verhältnis etwas entspannt haben dürfte. Vorliegend wird aus Gründen der Einfachheit jeweils ausschliesslich auf Banken Bezug genommen, wobei grundsätzlich auch ver-gleichbar regulierte Institute wie z.B. Wertpapierhäuser, die mit UVV zusammenarbeiten, adressiert werden.
 

Rechtliche Rahmenbedingungen im Verhältnis zwischen Bank und unabhängigen Vermögensverwaltern

Das Geschäft mit externen Vermögensverwaltern ist für Banken bekanntlich nicht neu. Die wichtigsten privatrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Leitplanken sind seit längerer Zeit bekannt und verändern sich durch die neue Regulierung der Vermögensverwalter nicht grundlegend. Allerdings brachten das FIDLEG und die Ausführungsverordnung FIDLEV punktuell rechtliche Neuerungen, welche für die Banken im UVV-Geschäft relevant sein können. Zudem dürfte die Thematik aufgrund des aktuell laufenden Systemwechsels im Fokus der FINMA stehen.

Kunde, Depotbank und externer Vermögensverwalter bilden ein klassisches Dreiecksverhältnis, d.h. zwischen allen drei Parteien besteht ein vertragliches Verhältnis. Diese Vertragsverhältnisse werden aus privatrechtlicher Optik primär durch das Auftragsrecht bestimmt, zu welchem sich auch im Bereich der Vermögensverwaltung eine reichhaltige Rechtsprechung entwickelt hat. Durch das Inkrafttreten des FIDLEG wurden einzelne Elemente dieser Vertragsverhältnisse nun spezialgesetzlich überlagert. Aus Bankensicht sind hinsichtlich des Geschäfts mit UVV bzw. in Bezug auf UVV-Kunden insbesondere die folgenden Bestimmungen zu erwähnen:

•    Mit Art. 4 Abs. 2 FIDLEV wurde die Möglichkeit zur Ausübung des Opting-outs (Art. 5 FIDLEG) dahin gehend konkretisiert, dass Kunden, die durch eine bevollmächtigte Person handeln, ihre Erklärung von den Kenntnissen und Erfahrungen der bevollmächtigten Person abhängig machen können. In Bezug auf UVV-Kunden bedeutet dies, dass sie bei einem Gesamtvermögen zwischen CHF 500'000 und 2 Mio. gegenüber der Bank auch dann ein Opting-out erklären dürfen, wenn sie selbst nicht über die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen im Finanzsektor verfügen.

•    Art. 16 FIDLEV erlaubt es den Banken, bei der Angemessenheits- bzw. Eignungsprüfung auf die Kenntnisse und Erfahrungen jener Person abzustellen, welche vom Kunden bevollmächtigt wurde. Grundsätzlich ist bei reinen Execution-only-Verhältnissen (wie sie aus Sicht der Bank gegenüber UVV-Kunden typischerweise vorliegen) weder eine Prüfung der Angemessenheit noch der Geeignetheit erforderlich. Sollte die Bank aber eine solche in Bezug auf einen UVV einzelfallweise durchführen müssen, darf sie sich dabei aufgrund von Art. 16 FIDLEV auf die Kenntnisse und Erfahrungen des UVV abstützen.

•    Mit Art. 26 FIDLEG / Art. 29 FIDLEV wurden im Wesentlichen die von der längjährigen zivilrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Umgang mit Retrozessionen und vergleichbaren Vergütungen in das Aufsichtsrecht überführt. Nicht vergessen werden sollte in diesem Kontext, dass das FIDLEG einen Verstoss gegen die darin enthaltene Herausgabepflicht von Retrozessionen ausdrücklich unter Strafe stellt (Art. 89 Bst. c FIDLEG).

In der konkreten Umsetzung des FIDLEG stellte sich bei den Banken etwa die Frage, ob oder inwiefern die Kundensegmentierung mit der durch den UVV vorgenommenen Segmentierung desselben Kunden koordiniert werden kann oder soll. Angesichts der Tatsache, dass die UVV-Kunden aus Sicht der Bank typischerweise nur Execution-only-Dienstleistungen in Anspruch nehmen, galt es zudem präzise festzulegen, inwiefern sich dadurch konkret die FIDLEG-Verhaltenspflichten der Bank reduzieren lassen.
 

Erwartungen der FINMA an die Banken im Geschäft mit unabhängigen Vermögensverwaltern

Weder das Bankengesetz (BankG) noch das FINIG oder das FIDLEG bzw. deren Ausführungsverordnungen enthalten Bestimmungen, welche den Banken konkrete Vorgaben für die Zusammenarbeit mit externen Vermögensverwaltern auferlegen. Indirekt können aber aus der Gewährspflicht bzw. der Pflicht, über eine angemessene Organisation und ein angemessenes Risikomanagement mit internem Kontrollsystem zu verfügen, konkrete Vorgaben abgeleitet werden (Art. 3 Abs. 2 BankG; Art. 9 ff. BankV). Im Kontext der Vorgaben zu den operationellen Risiken im grenzüberschreitenden Geschäft konkretisierte die FINMA ihre Erwartungen an die Banken wie folgt (vgl. FINMA-Rundschreiben 2008/21 - Operationelle Risiken - Banken, Rz. 136.4):

«Auch die durch externe Vermögensverwalter, Vermittler und andere Dienstleister generierten Risiken sind zu berücksichtigen. Entsprechend ist bei der Auswahl und Instruktion dieser Partner sorgfältig vorzugehen.»

Analog dazu sollten Banken allgemein im Bereich des UVV-Geschäfts klare Prozesse in Bezug auf die Auswahl, Instruktion und Überwachung ihrer Vermögensverwalter implementieren und diese angemessen dokumentieren.

Grundsätzlich wäre zu erwarten, dass sich die Rechts- und Reputationsrisiken der Banken im Geschäft mit UVV durch das neue Aufsichtsregime reduzieren. Dies aufgrund der Tatsache, dass sich für die UVV die regulatorischen Hürden sowie die Compliance-Anforderungen deutlich erhöhen. Waren UVV bis anhin lediglich durch das GwG, Vorgaben der SRO und allenfalls anwendbare Branchenregeln «reguliert», müssen sie neu umfassende aufsichtsrechtliche Vorgaben erfüllen. Solche Vorgaben betreffen beispielsweise ihre finanziellen Anforderungen, ihre Organisation und Corporate Governance oder den guten Ruf und die Qualifikation ihrer Gewährsträger. Nach Erhalt der Bewilligung durch die FINMA werden UVV und Trustees durch eine von fünf zugelassenen Aufsichtsor-ganisationen (AO) beaufsichtigt, was gegenüber dem bisherigen SRO-Regime eine erhöhte Aufsichtsintensität bedeutet. Nichtsdestotrotz ist das Geschäft der Banken mit UVV auch unter dem neuen Regime mit spezifischen operationellen Risiken verbunden, die von den Banken angemessen bewirtschaftet werden müssen.

In den FAQ zum grenzüberschreitenden Geschäft der Banken konkretisierte die FINMA ihre Erwartungen an die Banken zur Zusammenarbeit mit UVV ausführlich (die zwischenzeitlich archivierten FAQ sind auf der Webseite der FINMA abrufbar. Viele der darin geäusserten Erwartungen an die Zusammenarbeit mit UVV dürften auch losgelöst von der Cross-Border-Thematik den aktuellen Erwartungen der FINMA an das Geschäft mit UVV entsprechen. Besondere Erwähnung verdienen die im Folgenden sinngemäss wieder-gegebenen FINMA-Vorgaben, welche sich nach der Meinung des Autors in allgemeiner Weise auf das Geschäft der Banken mit UVV übertragen lassen:

•    Aus regulatorischer Sicht dürfe die Zusammenarbeit mit einem Vermögensverwalter nicht dazu führen, dass die Geschäfts- bzw. die Risikopolitik der Bank umgangen wird. Dies hat zur Folge, dass Banken ihre Vermögensverwalter dazu auffordern sollten, den mit diesen Geschäften verbundenen Risiken dieselbe Aufmerksamkeit zu schenken wie die Bank selbst.

•    In Anwendung von Art. 9 Abs. 2 BankV seien die Prozesse zur Zusammenarbeit mit UVV und anderen externen Finanzintermediären in Form von Richtlinien oder anderen internen Weisungen zu konkretisieren.

•    Auch begrüsst es die FINMA, wenn Banken spezielle Organisationseinheiten für das UVV-Geschäft schaffen («EAM-Desk»), welche die Geschäftsbeziehungen mit den UVV zentral verwalten.

•    Bezüglich Auswahl der UVV, mit denen die Bank zusammenarbeiten will, müsse sich die Bank über das jeweilige Institut informieren sowie entsprechende Auswahlkriterien definieren und anwenden (Stichworte: «Due Diligence» und «Know Your Intermediary»). Diese Kriterien müssen auch die Risiken erfassen, die der Vermögensverwalter als eigenständiges Institut eingeht bzw. die sich unter Um-ständen bereits materialisiert haben (zum Beispiel die Risikopolitik und Organi-sationsstruktur des UVV, allfällige hängige Rechtsprobleme im In- und Ausland usw.)

•    Die Einhaltung der angewandten Auswahlkriterien sei sowohl bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung als periodisch auch im weiteren Verlauf der Geschäftsbeziehung zu überprüfen, insbesondere wenn Anzeichen bestehen, dass die Kriterien nicht mehr eingehalten werden.

•    Nach geltendem Aufsichtsrecht sei es im Prinzip nicht notwendig, dass die Bank aktiv kontrolliert, ob die UVV die in der Kooperationsvereinbarung eingegangenen Verpflichtungen einhalten. Allerdings erfordere die Gewähr einer einwandfreien Geschäftstätigkeit, dass die Bank einer gewissen Sorgfaltspflicht nachkommt.

•    Im Minimum müsse die Bank dann aktiv werden, wenn sie Kenntnis von Vorgängen erlangt, die darauf schliessen lassen, dass der UVV Verpflichtungen aus dem Zusammenarbeitsvertrag verletzt. Letzteres dürfte nach Ansicht des Autors auch für den Fall gelten, dass die Bank Kenntnis davon erlangt, dass der UVV aufsichtsrechtliche Pflichten gegenüber den Kunden verletzt.

•    Anzeichen für erfolgte Verstösse seien durch die Bank weiter abzuklären. Vor allem sei es aufsichtsrechtlich nicht zulässig, dass die Bank einmal erkannte Verstösse stillschweigend duldet und damit beträchtliche Rechts- und Reputationsrisiken in Kauf nimmt. Folglich könne sich die Bank auch gezwungen sehen, vom UVV vorgeschlagene Kunden abzulehnen oder gar die Geschäftsbeziehungen zum fraglichen UVV abzubrechen.
 

Im Kontext dieser Erwartungen haben viele Banken damit begonnen, den FINIG-Bewilligungsprozess der mit ihnen zusammenarbeitenden UVV aktiv zu überwachen. Damit soll in erster Linie verhindert werden, dass die Bank ab dem 1. Januar 2023 mit Instituten zusammenarbeitet, welche ihr Bewilligungsgesuch in Verletzung der FINIG-Übergangsfristen noch nicht der FINMA eingereicht haben.
 

Fazit

Der laufende Übergang der UVV in das prudenziell regulierte Umfeld unter FINIG und FIDLEG hat auch Auswirkungen auf die Banken. Im Bereich des FIDLEG gilt es, spezifische Vorgaben angemessen auf die Zusammenarbeit mit den UVV bzw. auf die von den UVV betreuten gemeinsamen Kunden zu implementieren. Im Bereich des FINIG führt die neue Regulierung zwar bis zu einem gewissen Grad zu einer Reduktion der operationellen Risiken der Banken, andererseits wird das UVV-Geschäft auch nach vollständiger Umstellung aller Institute mit spezifischen operationellen Risiken verbunden sein. Diese gilt es angemessen zu adressieren. Wichtige Anhaltspunkte und Leitplanken dazu liefert die Aufsichtspraxis der FINMA im Bereich der Cross-Border-Vorschriften. Da Vermögensverwalter und Trustees aktuell einen Schwerpunkt der FINMA-Tätigkeit bilden, sollten Banken dies zum Anlass nehmen, ihr Risikomanagement und ihre internen Vorschriften im Bereich des UVV-Geschäfts kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren.