Aufsichtsrechtliche Prüfung GFI und Trustees: erste Erfahrungen

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Die Prüfung von Vermögensverwaltern und Trustees mit einer Bewilligung nach Art. 17 FINIG muss neuen Anforderungen entsprechen. Die Prüfer haben die Pflicht, verschiedene Aspekte der aufsichtsrechtlichen Prüfung zu bestätigen. In der Praxis zeigt sich, dass zurzeit noch nicht alles geklärt ist.

Was ist das Ziel der Prüfung?

Die Aufsicht über Vermögensverwalter und Trustees mit einer FINMA-Bewilligung obliegt der Aufsichtsorganisation (AO). In der Praxis beauftragt die AO eine Prüfgesellschaft damit, die Einhaltung der Anforderungen zu überprüfen. Überwachung und Prüfung basieren auf einer Risikobewertung.

Die Prüfungsarbeit und ihre Ergebnisse muss die zugelassene Prüfgesellschaft in einem Prüfungsbericht festhalten. Mit diesem Bericht vermittelt sie oder der leitende Prüfer ein verlässliches Bild davon, wie die Gesetze und Vorschriften eingehalten werden, und geben an, ob der Vermögensverwalter oder Trustee seinen Anschlussvertrag sowie die Aufsichts- und Prüfkonzepte einhält. Der Bericht erwähnt zudem mögliche Risiken, Abweichungen, Unregelmässigkeiten und Empfehlungen, die der Prüfer festgestellt hat.

Prüfung von Vermögensverwaltern und Trustees – erste Erkenntnisse aus der Praxis

Das neue Aufsichtskonzept für die Prüfung von Vermögensverwaltern und Trustees sieht verschiedene Nachweise der Einhaltung der Anforderungen des FINIG, des GwG sowie des FIDLEG und des KAG vor (letzteres gilt ausschliesslich für De-minimis-Verwalter, die kollektive Kapitalanlagen verwalten).

Während die Anforderungen des GwG und des KAG bereits erfüllt sind und diejenigen des FINIG im Anschluss an den Bewilligungsprozess leichter umzusetzen sind, erweisen sich die Anforderungen des FIDLEG oft als komplizierter umzusetzen oder anzupassen.

Welche FINIG-Anforderungen müssen bei der AO-Prüfung kontrolliert werden?

Corporate Governance und Risikomanagement

Die Unternehmensleitung oder die Organisation des Vermögensverwalters muss so strukturiert sein, dass die gesetzlichen Bestimmungen jederzeit eingehalten werden können (Art. 9 Abs. 1 FINIG; Art. 23 FINIV).

Änderungen in der Organisation müssen der AO und der FINMA gemeldet werden, insbesondere Änderungen im Verwaltungsrat oder in der Geschäftsleitung.

In ihrem Bericht bestätigt die Prüfgesellschaft, dass die Organisation der Komplexität der Geschäfte und der Grösse des Instituts entspricht. Sie bestätigt damit, dass das Institut der AO und der FINMA alle Änderungen der für die Bewilligung massgeblichen Tatsachen mitgeteilt hat.

In Bezug auf das Risikomanagement kontrolliert der Prüfer, ob der Grundsatz der Trennung der Kontrollfunktionen und der beaufsichtigten Aktivitäten eingehalten wird und ob die Prozesse und Kontrollen angemessen und wirksam sind.

Outsourcing und Delegationen

Die Beauftragten müssen über die erforderlichen Fähigkeiten, Kenntnisse, Erfahrungen und Bewilligungen verfügen. Die Überwachung und Anweisung der Beauftragten obliegt dem Verwalter oder Trustee, der die Verantwortung für mögliche Verstösse durch die Beauftragten trägt. Dementsprechend müssen die Vermittler die definierten Kontrollrechte ausüben und die Berichterstattungspflichten der Beauftragten überwachen (Art. 17 Abs. 1 FINIV). Der Prüfer beurteilt das Auswahl- und Überwachungsverfahren des Instituts und überprüft die Einhaltung dieser Grundsätze anhand einer risikobasierten Stichprobe.

Aus- und Weiterbildung

Im Sinne von Art. 12 Abs. 3 FINIV stellen die Finanzinstitute in der Regel sicher, dass ihre Mitarbeitenden über die für ihre Geschäftstätigkeit erforderlichen Qualifikationen verfügen. Sie müssen daher regelmässig ihre Aus- und Weiterbildung nachweisen.

Kapital und Eigenmittel

In ihrem Bericht überprüft die Prüfgesellschaft, ob die Vorschriften bezüglich des Mindestkapitals (100'000 Schweizer Franken vollständig in bar eingezahlt) sowie der Eigenmittel (mindestens ¼ der Fixkosten) kontinuierlich eingehalten werden.

 

Welche Anforderungen des FIDLEG müssen im Rahmen der AO-Prüfung kontrolliert werden (Vermögensverwalter1)?

Klassifizierung der Kunden

Verwalter müssen ihre Kunden als Privatkunden, Geschäftskunden oder institutionelle Kunden klassifizieren.

Sie müssen Kunden, die keine Privatkunden sind, vor der Erbringung von Dienstleistungen über die Möglichkeit des Opting-in informieren.

Die Prüfgesellschaft nimmt eine Beurteilung des Prozesses der Kundensegmentierung und der Überwachung der Angemessenheit dieser Klassifizierung vor (periodische Überprüfung).

Der Prüfer kontrolliert anhand einer (risikobasierten) Stichprobe, ob die Kunden in die entsprechende Kategorie eingestuft wurden und prüft, ob Opting-out/Opting-in-Formulare vorhanden sind.

Unsere Beobachtungen

Die Institute müssen darauf achten, das Wissen und die Erfahrungen der Kunden angemessen zu berücksichtigen. Ausserdem sind Unstimmigkeiten zwischen der Dokumentation im Dossier und der tatsächlichen Klassifizierung im PMS (Portfolio Management System) zu vermeiden. Häufig fehlen Informationen über die Möglichkeit eines Opting-in und die Dokumentation zum Opting-out.

Überprüfung der Angemessenheit und Eignung

Im Rahmen der Vermögensverwaltung und der allgemeinen Anlageberatung ist eine Überprüfung der Eignung erforderlich: Dies bedeutet, dass die Anlagestrategie an das Risikoprofil angepasst werden muss. Der Inhalt des Portfolios muss mit der vereinbarten Strategie übereinstimmen.

Der Prüfer beurteilt den Prozess der Festlegung von Anlagestrategien auf Basis von Risikoprofilen und prüft die vom Institut verwendete Dokumentation sowie die Prozesse der Kontrollen und der regelmässigen Überprüfung. Er prüft anhand einer Stichprobe, ob Risikoprofile erstellt und die notwendigen Informationen erfasst wurden. Ebenfalls anhand einer Stichprobe kontrolliert die Prüfgesellschaft, ob es Abweichungen zwischen dem Risikoprofil und der vereinbarten Anlagestrategie gibt.

Im Rahmen der Anlageberatung für bestimmte Transaktionen ist eine Überprüfung der Angemessenheit der Beratung erforderlich: Dies bedeutet, dass die Beratung auf die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden zugeschnitten sein muss. Der Prüfer beurteilt den Prozess der Erstellung von Risikoprofilen und prüft anhand einer Stichprobe die Dokumentation der Beratung.

Unsere Beobachtungen

Bei Abweichungen zwischen dem Risikoprofil und der vom Kunden gewählten Anlagestrategie muss eine ausdrückliche Bestätigung des Kunden eingeholt werden, dass der Verwalter ihn über die Risiken aufgeklärt und ihm von einer Strategie abgeraten hat, die nicht mit seinem Risikoprofil übereinstimmt.

Bei der Anlageberatung zu bestimmten Transaktionen kann sich die Methodik zur Beurteilung der Angemessenheit als unzureichend erweisen.

Informationspflicht

Vermittler müssen ihre Kunden über ihre Tätigkeit, die angebotenen Dienstleistungen und die verwendeten Finanzinstrumente informieren.

Die Informationspflicht kann über ein gedrucktes oder elektronisch übermitteltes Informationsblatt vor Vertragsabschluss erfüllt werden.

Der Prüfer bewertet die Dokumentation, die zur Information der Kunden verwendet wird, und die eingerichteten Prozesse. Anhand einer Stichprobe kontrolliert er, ob die Informationspflicht eingehalten wird.

Unsere Beobachtungen

Der Verwalter muss darauf achten, dass er seinem Kunden das Informationsblatt immer vor Vertragsabschluss aushändigt. Der Verwalter muss somit die Abgabe oder Bereitstellung der Wesentlichen Anlegerinformationen (KID) und/oder des Prospekts nachweisen können.

Dokumentation und Berichte

Der Verwalter muss die vereinbarten Finanzdienstleistungen und die erfassten Informationen dokumentieren. Im Rahmen einer «Execution only»-Tätigkeit dokumentiert er, dass keine Überprüfung der Angemessenheit und der Eignung stattgefunden hat.

Im Falle einer Anlageberatung muss der Vermögensverwalter die Bedürfnisse der Kunden und die jeder Empfehlung zugrunde liegenden Gründe dokumentieren.

Er muss in der Lage sein, seinem Kunden auf Anfrage innerhalb von zehn Arbeitstagen einen Bericht zu schicken.

Die Prüfgesellschaft beurteilt die Prozesse zur Dokumentation der Kundenbedürfnisse und der jeder Empfehlung zugrunde liegenden Gründe sowie die Prozesse zur Rechenschaftslegung. Der Prüfer kontrolliert anhand einer (risikobasierten) Stichprobe die Dokumentation und deren Inhalt.

Unsere Beobachtungen

Im Rahmen einer Beratung werden die Gründe für die Empfehlung oft nicht dokumentiert.

Die Dokumentation von Ausnahmen wird nicht oft durchgeführt (Angemessenheit und Eignung).

Interessenkonflikte und Retrozessionen

Wenn der Verwalter in den einzelnen Portfolios hauseigene Produkte verwendet, muss er im KID angeben, dass er interne Produkte verwendet, und in die Mandate eine Klausel zur allgemeinen Zustimmung aufnehmen.

Der Verwalter muss die Techniken der doppelten Vergütung ausschliessen oder den Kunden transparent informieren. Er muss deshalb Interessenkonflikte in die Risikomatrix einbeziehen.

Der Prüfer beurteilt die Massnahmen und Prozesse, die zur Vermeidung (oder Abschwächung) und Offenlegung von Interessenkonflikten eingerichtet wurden. Er überprüft anhand einer Stichprobe, ob die Kunden aktiv über mögliche Interessenkonflikte informiert wurden und ob die Informationen in geeigneter Weise bereitgestellt wurden.

Retrozessionen müssen im Verwaltungs- oder Beratungsmandat klar angegeben und als Prozentsatz des verwalteten Vermögens ausgedrückt werden. Die Parameter für die Berechnung müssen weiterhin mitgeteilt werden.

Wenn Retrozessionen einbehalten werden, kontrolliert der Prüfer anhand von Stichproben, ob die dem Kunden mitgeteilten Informationen ausreichend sind und ob die Verzichtsklausel gültig und rechtzeitig erwirkt worden ist.

Wenn Retrozessionen weitergegeben werden, kontrolliert der Prüfer anhand von Stichproben, ob die Vergütungen vollständig überwiesen wurden.

 

Schlussfolgerung

Die FINMA hat sich wiederholt für einen risikoorientierten Bewilligungsprozess ausgesprochen, der den Besonderheiten jedes Einzelfalls Rechnung trägt. Die zulässigen Fakten und die geltenden Rechtsgrundlagen müssen stets beachtet werden. Daher sollte der Aufwand für die Einführung und Dokumentation der damit verbundenen Prozesse nicht unterschätzt werden. Eine vorausschauende Planung in Zusammenarbeit mit der Prüfungsgesellschaft ermöglicht eine effiziente Durchführung der Prüfung.


Zur Erinnerung: Das FIDLEG gilt nicht für Trustees