Steuertipp Nr. 26 - Geldwerte Leistungen

Inhaber und Teilhaber von Kapitalgesellschaften sollten die steuerlichen Folgen von sogenannten geldwerten Leistungen kennen und wissen, welche Transaktionen heikel sein können. Immer wieder werden vom Fiskus Transaktionen zwischen Kapitalgesellschaften und Anteilsinhabern als geldwerte Leistungen qualifiziert, was sowohl bei der Gesellschaft als auch beim Anteilsinhaber zu erheblichen steuerlichen Folgen führt.

 

Was sind geldwerte Leistungen?

Vorteilszuwendungen, verdeckte Gewinnausschüttungen, Gewinnvorwegnahmen oder geldwerte Leistungen sind unterschiedliche Bezeichnungen für Leistungen der Gesellschaft an den oder die Beteiligten, die ausschliesslich aufgrund des Beteiligungsverhältnisses erbracht werden. Es handelt sich daher um Leistungen, die in dieser Art und Weise nicht an einen Dritten erbracht werden, d.h. nicht drittkonform (dealing at arm's length) sind.

Bei geldwerten Leistungen müssen drei Kriterien kumulativ erfüllt sein:

  • Leistung ohne entsprechende Gegenleistung
  • Leistung an den Anteilsinhaber oder eine ihm nahestehende Person (z.B. Ehepartner, Kind)
  • Erkennbarkeit für die Organe bzw. offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung

Es kann sein, dass die Gesellschaft auf einen Ertrag verzichtet oder dass sie Privataufwendungen des Inhabers trägt. Als Aufwand verbucht werden dürfen nur sogenannte «geschäftsmässig begründete» Aufwendungen. Der Begriff des geschäftsmässig begründeten Aufwandes ist in den Steuergesetzen nicht definiert. Grundsätzlich handelt es sich um Aufwendungen, die direkt oder indirekt Voraussetzung für die Ertragserzielung darstellen. Dies sind z.B. Materialeinkäufe, Löhne, Administrationsaufwendungen oder die Haftpflichtversicherung des Unternehmens.

Auch liegt grundsätzlich eine geldwerte Leistung dann vor, wenn Vermögenswerte (insbesondere Immobilien, Wertschriften, Beteiligungen, Fahrzeuge) unter dem marktüblichen Wert an den Inhaber verkauft oder darüber vom Inhaber gekauft werden.
 

In welcher Form sind geldwerte Leistungen zu beobachten?

In der Praxis gibt es viele Arten von geldwerten Leistungen. Folgende Fälle sind u.a. typisch:
 

Geschäftswagen

Bei Geschäftswagen gibt es sehr viele Möglichkeiten für geldwerte Leistungen. Für den Geschäftswagen, der auch privat genutzt werden kann, wird weder auf dem Lohnausweis noch auf dem Kontokorrent des Inhabers ein Privatanteil (i.d.R. 9,6 Prozent auf dem Kaufpreis des Fahrzeuges exkl. Mehrwertsteuer) ausgewiesen. Heikel ist auch, wenn zwei Geschäftsfahrzeuge auf den Inhaber eingelöst sind oder wenn die Ehefrau, mit einem kleinen Arbeitspensum, ebenfalls einen Geschäftswagen erhalten hat.
 

Leasing

Ein klassisches Beispiel hierzu wäre: Ein teures Auto wird für 48 Monate geleast mit einer Restkaufsumme - nach Ablauf des Leasings - von z.B. 1'500 Franken. Sechs Monate vor Vertragsablauf wird das Leasing auf die Ehefrau übertragen, der Geschäftsinhaber least wiederum ein neues Fahrzeug. Die geldwerte Leistung berechnet sich aus dem Eurotaxwert des Fahrzeugs, abzüglich der ausstehenden sechs Leasingraten und abzüglich des Restkaufpreises.
 

Aktionärsdarlehen (Guthaben der Gesellschaft)

Aus steuerlicher Sicht kann ein Gesellschafter grundsätzlich Gelder (z.B. in Form eines Darlehens) aus seiner Gesellschaft entnehmen. Die Darlehensgewährung muss jedoch zu Bedingungen erfolgen, wie sie unter unabhängigen Dritten üblich sind («at arm's length»). Je nach Sachlage im Einzelfall kann die Steuerverwaltung ein Darlehen als simuliert/fiktiv qualifizieren. Ein solches Darlehen liegt offensichtlich dann vor, wenn eine Rückzahlung von vornherein nicht möglich oder beabsichtigt war.
 

Übernahme von Privataufwendungen

Auch diesbezüglich gibt es viele Möglichkeiten. Die Gesellschaft darf beispielsweise keine Kleider und/oder Unterhaltungselektronik, die zur Hauptsache privat verwendet werden (können), als Aufwand verbuchen. Ein weiteres klassisches Beispiel sind die Familienferien in Australien. Diese stellen auch dann nicht «geschäftsmässig begründete» Aufwendungen dar, wenn bei dieser Gelegenheit noch ein oder zwei Kunden besucht wurden.
 

Diskutable Aufwendungen

Es gibt immer wieder Aufwendungen, die nicht eindeutig als geschäftsmässig begründet oder nicht geschäftsmässig begründet qualifiziert werden können. Wie ist beispielsweise ein Geburtstagsfest des Inhabers zu Lasten der Gesellschaft zu beurteilen, wenn gleichzeitig viele Geschäftskunden eingeladen sind? Handelt es sich bei den Kosten für den Golfclub des Inhabers um ein Hobby oder um Beziehungspflege mit Kunden?

Vorgängig erwähnte Aufwendung sollten belegmässig nachgewiesen werden können. Wenn sich nicht belegen lässt, dass die Aufwendungen «geschäftsmässig begründet» sind, sollten diese Kosten dem Aktionärskonto belastet oder privat bezahlt werden. Bei einem privaten als auch geschäftlich bedingten Aufwand ist zumindest ein angemessener Privatanteil zu verbuchen.
 

Was sind die steuerlichen Folgen von geldwerten Leistungen?

Geldwerte Leistungen, wie z.B. die oben erwähnte Australienreise mit der ganzen Familie, die über die Gesellschaft verbucht wurde, wirken sich nicht nur auf den steuerbaren Gewinn der Gesellschaft aus, sondern ziehen eine ganze Reihe von steuerlichen Folgen nach sich.
 

Gewinnsteuerfolgen bei der Gesellschaft

Die Kosten für die Australienreise werden zum steuerbaren Gewinn der Gesellschaft aufgerechnet. Es besteht zudem das Risiko, dass ein (Nach)- und Strafverfahren eingeleitet wird. Des Weiteren können Verzugszinsen anfallen.
 

Einkommensteuerfolgen beim Inhaber

Im gleichen Umfang wie die nicht zum Abzug zugelassenen Kosten bei der Gesellschaft wird beim Inhaber der Gesellschaft eine geldwerte Leistung als steuerbares Einkommen aufgerechnet. Die Besteuerung erfolgt je nach Wohnsitzkanton und Beteiligungsquote des Inhabers als privilegiert zu besteuernder Vermögensertrag. Auch bei diesem besteht das Risiko, dass ein (Nach)- und Strafverfahren eingeleitet wird und dass Verzugszinsen anfallen.
 

Verrechnungssteuer

Geldwerte Leistungen unterliegen der Verrechnungssteuer von 35 Prozent. Die Verrechnungssteuer muss auf den Leistungsempfänger überwälzt werden. Bei geldwerten Leistungen an Anteilsinhaber muss die Überwälzung grundsätzlich auf diesen erfolgen. Bei fehlender Überwälzung der Verrechnungssteuer auf den Leistungsempfänger erfolgt eine Hochrechnung des Verrechnungssteuerbetrags ins Hundert, d.h. die Gesellschaft selbst hätte in diesem Fall einen Verrechnungssteuerbetrag von rund 53,8 Prozent der steuerbaren Leistung an die Eidgenössische Steuerverwaltung abzuliefern.

Unter gewissen Voraussetzungen kann die Verrechnungssteuer zurückerstattet werden. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist im Einzelfall zu prüfen. Erfolgt keine Rückerstattung, wird aus der Sicherungssteuer eine zusätzliche Steuer zu Lasten des Inhabers.
 

Exkurs: Rückforderung der Verrechnungssteuer - Neuregelung ab 1. Januar 2019

Mit dem Kreisschreiben Nr. 48 vom Dezember 2019 hat die ESTV die Voraussetzungen für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer (wieder) gelockert. Voraussetzung für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer von natürlichen Personen ist die ordnungsgemässe Deklaration der mit der Verrechnungssteuer belasteten Einkünfte in der Steuererklärung. Genau dies erfolgt bei geldwerten Leistungen typischerweise jedoch nicht. Es stellt sich somit die Frage, ob die Verrechnungssteuer dennoch zurückgefordert werden kann.

Seit dem 1. Januar 2019 gibt es eine Ausnahmebestimmung: Die Deklarationspflicht gilt auch dann als erfüllt, wenn die der Verrechnungssteuer unterliegenden Einkünfte zwar nicht in der Steuererklärung, sondern nachträglich in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungs-, Revisions- oder Nachsteuerverfahren durch die steuerpflichtige Person deklariert oder von der zuständigen Steuerbehörde aus eigener Feststellung zu den Einkünften oder zum Vermögen hinzugerechnet werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Deklaration der Steuerfaktoren lediglich fahrlässig unterlassen worden ist.

Typischerweise ist dies z.B. bei einer Dividende der Fall, die in der privaten Steuererklärung irrtümlicherweise nicht deklariert wurde. Die Deklaration der Dividende bzw. Verrechnungssteuer wurde jedoch von der Gesellschaft rechtmässig vorgenommen und bezahlt. Der Steuerpflichtige hat die Dividende aus Versehen nicht in seiner privaten Steuererklärung aufgeführt, es liegt keine Hinterziehungsabsicht vor. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die Steuerverwaltung die Dividende aufrechnet, die Verrechnungssteuer jedoch zum Abzug zulassen wird. Der Antrag auf Rückerstattung muss jedoch grundsätzlich innerhalb der Frist von drei Jahren erfolgen. Bei offensichtlichen geldwerten Leistungen ist in der Regel nicht davon auszugehen, dass die Steuerverwaltung eine reine Fahrlässigkeit - wie vorstehend aufgeführt - erkennen wird. Bei Steuerhinterziehung oder gar bei Steuerbetrug ist damit zu rechnen, dass die Verrechnungssteuer nicht zurückgefordert werden kann.

 

Fazit

Es ist eine persönliche Frage, welche Risiken man eingehen möchte. Klare geldwerte Leistungen sind zu vermeiden, denn bei Aufdeckung durch die Steuerbehörden drohen erhebliche steuerliche Folgen. Geldwerte Leistungen werden in der Praxis oft unterschätzt. Es wird vergessen, dass sich Sachverhalte in Buchhaltungen in der Regel - auch Jahre später - ohne Weiteres nachvollziehen lassen. Bei Transaktionen zwischen Beteiligten und Gesellschaften ist die Dokumentation besonders wichtig. Beim Kauf eines Fahrzeugs aus der Firma sollte beispielsweise eine Kaufofferte oder eine Eurotax Fahrzeugbewertung als Beleg eingeholt werden. Bei Sachverhalten, die sich nicht eindeutig der Privat- oder Geschäftssphäre zuordnen lassen, ist Vorsicht geboten. Es besteht oft ein erheblicher Ermessensspielraum für den Anteilsinhaber, aber auch für die Steuerverwaltung.