Steuertipp Nr. 31 - Qualifikation natürlicher Personen als gewerbsmässige Liegenschaftshändler

Wenn man plötzlich als gewerbsmässiger Liegenschaftshändler eingestuft wird, hat das die Folge, dass der Verkaufsgewinn einer Liegenschaft mit der direkten Bundessteuer­ und der AHV für Selbständig­erwerbende belastet wird. Wie es zu einer (ungewollten) Umqualifizierung kommen kann und wie Sie dies vermeiden, erfahren Sie in diesem Artikel.

In der Schweiz wird immer häufiger der Erwerb von nicht selbstbewohnten Liegenschaften beobachtet. Es werden einerseits immer mehr Liegenschaften an die Nachkommen vererbt oder verschenkt, anderseits werden Immobilien vermehrt als Anlageform genutzt. Obligationen sind für Privatpersonen kaum mehr interessant und Aktienwerte können grossen Schwankungen unterliegen. Demgegenüber versprechen Liegenschaften einen stetigen Ertrag und eine Wertsteigerung. Dazu kommt, dass die Hypothekarzinsen auf einem historischen Tiefstand sind.

Liegenschaften können im Privatvermögen (private Vermögensverwaltung), als Geschäftsvermögen Selbständigerwerbender oder in einer Kapitalgesellschaft gehalten werden. Im nachfolgenden Artikel geht es um diese private Vermögensverwaltung und um die Frage, was passiert, wenn die Steuerverwaltung in Bezug auf den Handel mit Liegenschaften eine Gewerbsmässigkeit annimmt und eine entsprechende steuerliche Umqualifikation von Privat- in Geschäftsvermögen vornimmt.

 

Verschiedene Möglichkeiten bei der Immobilienverwaltung

Es ist denkbar, dass das Einfamilienhaus der Grossmutter geerbt und weitervermietet wird. Allenfalls wird eine Eigentumswohnung als Kapitalanlage und private Altersvorsorge erworben und vermietet. Ein Handwerker kann gezielt sanierungsbedürftige Liegenschaften kaufen, sanieren und anschliessend vermieten oder verkaufen. Es ist auch möglich, eine Landparzelle zu kaufen und darauf eine Überbauung zu realisieren.

In vielen Fällen gehen private Immobilienbesitzer davon aus, dass private Vermögensverwaltung vorliegt.

 

Private Vermögensverwaltung?

Ob es ein Vor- oder ein Nachteil ist, die Liegenschaften im Privatvermögen zu halten, hängt vom Kanton und den individuellen Gegebenheiten ab. Insbesondere auch davon, ob und wann Liegenschaften verkauft werden und ob damit ein Gewinn erzielt wird.

Die Verwaltungskosten bei selbstverwalteten Liegenschaften im Privatvermögen sind gegenüber den Liegenschaften im Geschäftsvermögen sehr eingeschränkt. Demgegenüber kann bei Liegenschaften im Privatvermögen anstatt der effektiven Unterhaltskosten in der Regel eine Pauschale geltend gemacht werden (ein Pauschalabzug bei Liegenschaften im Geschäftsvermögen ist nicht möglich).

Ferner können Unternehmen und Selbständigerwerbende steuerwirksame Abschreibungen auf den Liegenschaften vornehmen, was für Liegenschaften im Privatvermögen nicht möglich ist. Die Gewinne beim Verkauf von Liegenschaften unterliegen je nach Kanton und steuerlicher Qualifikation der Gewinn-, der Einkommens- oder der Grundstückgewinnsteuer. Zudem werden bei Handänderungen von Grundstücken in den meisten Kantonen Verkehrssteuern oder ähnliche Gebühren fällig. Die Details hierzu würden den Umfang dieses Artikels jedoch bei weitem sprengen.

Gewinne aus dem Verkauf von Liegenschaften im Privatvermögen unterliegen in allen Kantonen grundsätzlich der Grundstückgewinnsteuer, wobei der Ort der gelegenen Sache für die Besteuerung massgebend ist. Im Übrigen liegt ein steuerfreier privater Kapitalgewinn vor.

Gewinne aus dem Verkauf von Liegenschaften im Geschäftsvermögen unterliegen je nach Kanton der Grundstückgewinnsteuer und/oder den Einkommens- resp. Gewinnsteuern. Des Weiteren unterliegen Erträge aus entsprechenden Liegenschaften bei Selbständigerwerbenden bzw. bei gewerbsmässigen Liegenschaftshändlern der AHV von knapp 10 Prozent, welche zusammen mit dem übrigen Gewinn des Selbständigerwerbenden erhoben wird.

 

Wer legt den steuerlichen Status fest?

Grundsätzlich ist auf die Darstellung des Steuerpflichtigen abzustellen. Er kann eine Liegenschaft privat halten oder dem Geschäftsvermögen zuweisen, sofern die Liegenschaft ganz oder vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dient. Die Zuordnung von einzelnen Vermögenswerten zum Geschäftsvermögen bzw. Privatvermögen kann durch den Steuerpflichtigen jedoch nicht in jedem Fall frei bestimmt werden.

Generell stellt sich die Frage, ob reine private Vermögensverwaltung angenommen werden kann oder ob gewerbsmässiger Liegenschaftshandel vorliegt. Die Steuerverwaltung wird eine Umqualifikation von Privat- zu Geschäftsvermögen vornehmen, wenn sie davon ausgeht, dass Gewerbsmässigkeit gegeben ist. Was sind die Kriterien für die Beurteilung und was ist eine private Vermögensverwaltung?

 

Was ist grundsätzlich private Vermögensverwaltung?

Der Aufbau eines Immobilienportefeuilles ist an sich unproblematisch. Die Vermietung von Immobilien führt nicht zur Umqualifikation als gewerbsmässiger Liegenschaftshändler, auch wenn der Immobilienbesitz umfangreich ist. Auch die Führung einer Immobilienbuchhaltung ist kein Indiz für die Gewerbsmässigkeit. Kritisch ist nach derzeitiger Steuerpraxis in der Schweiz lediglich der Verkauf von Immobilien.

 

Der Liegenschaftshändler

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind u.a. folgende Indizien für die Beurteilung massgebend:

  • Systematische oder planmässige Art und Weise des Vorgehens
  • Häufigkeit der Transaktionen
  • Enger Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, spezielle Fachkenntnisse
  • Kurze Besitzdauer
  • Einsatz erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte
  • Reinvestition der Gewinne in gleichartige Anlagen
  • Beteiligung an einer Personengesellschaft oder einfachen Gesellschaft

Diese Kriterien werden jedoch nicht kumulativ für die Annahme als gewerbsmässiger Liegenschaftshandel vorausgesetzt. Massgebend ist die Gesamtheit der Umstände des konkreten Einzelfalls.
 

Systematisches, planmässiges Vorgehen

Gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel liegt immer dann vor, wenn Liegenschaften systematisch gekauft und verkauft werden, in der Absicht, nicht bloss eine zufällige sich bietende Gelegenheit zu nutzen, sondern systematisch Gewinne zu erzielen.

Planmässigkeit liegt in der Regel vor, wenn eine Privatperson Land erwirbt, dieses erschliesst und parzelliert und die Parzellen anschliessend verkauft. Bei Überbauung eines Grundstücks, Aufteilung in Stockwerkeinheiten und anschliessendem Verkauf ist regelmässig Liegenschaftshandel anzunehmen.
 

Häufigkeit

In der Praxis ist keine Höchstzahl von Transaktionen festgelegt worden. Wichtig zu wissen ist, dass je nach Sachlage schon ein einziger Liegenschaftsverkauf die Umqualifikation zum gewerbsmässigen Liegenschaftshändler auslösen kann. Jeder Kanton nimmt die Beurteilung aufgrund der kantonalen Verwaltungspraxis vor.
 

Enger Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, spezielle Fachkenntnisse

Bei Vorliegen spezieller Fachkenntnisse oder bei Architekten, Immobilienverwaltern aber auch bei Angehörigen des Bauhaupt- und Nebengewerbs besteht ein erhöhtes Risiko, dass schon eine einzige Transaktion genügt, damit eine gewerbsmässige Tätigkeit angenommen wird.
 

Kurze Besitzdauer

Je kürzer die Besitzdauer, je grösser ist das Risiko einer Umqualifikation. Als Faustregel kann eine Besitzesdauer von weniger als drei Jahren als kurz gelten, wobei wie vorstehend erwähnt die Gesamtheit der Umstände des konkreten Einzelfalls massgebend ist.
 

Beteiligung an einer Personengesellschaft oder einfachen Gesellschaft

Die Beteiligung an einem Baukonsortium, an einer Arbeitsgemeinschaft oder an einer Personengesellschaft, die Liegenschaftsgeschäfte tätigt, gilt immer als gewerbsmässig.

Zusätzlich zum zuvor Erwähnten gibt es noch eine weitere wichtige Faustregel, die man kennen sollte: «Einmal Liegenschaftshändler, immer Liegenschaftshändler». Das bedeutet, wenn die Steuerverwaltung die Tätigkeit einer natürlichen Person als gewerbsmässig umqualifiziert hat, muss man in der Folge immer von Gewerbsmässigkeit ausgehen.

 

Erbengemeinschaften können besonders heikel sein

Liegenschaften, die vor dem Erbgang als private Vermögensverwaltung qualifizierten, behalten grundsätzlich ihren steuerlichen Status nach dem Versterben des Erblassers. Wenn die Erben diese Liegenschaften nach dem Erbgang lediglich verkaufen, wird daraus nicht automatisch Geschäftsvermögen.

Besonders unangenehm für die Erben ist es jedoch, wenn alle Mitglieder der Erbengemeinschaft nach einem Verkauf zum Liegenschaftshändler werden. Dies ist nicht nur wegen des Verkaufsgewinns des Immobilienbestandes der Erbengemeinschaft unangenehm, sondern weil sich diese Qualifikation auf alle späteren Liegenschaftsverkäufe und Erträge aus Liegenschaften der Erben auswirken kann, auch solche, die nicht mit der Erbengemeinschaft zusammenhängen.
 

Welche Faktoren können zur Umqualifikation einer Erbengemeinschaft führen?

  • Erstellen einer Überbauung auf der geerbten Landparzelle auf eigenen Namen und eigene Rechnung (Planmässigkeit).
  • Fremdfinanzierung dieser Überbauung (Einsatz erheblicher fremder Mittel).
  • Kurze Besitzdauer. Es wird in der Regel nicht auf die Haltedauer der ursprünglichen Landparzelle, sondern auf diejenige der Liegenschaft abgestellt.
  • Begründung von Stockwerkeigentum. In der Folge wird nicht nur eine einzige Immobilie verkauft, sondern diverse Stockwerkseinheiten. Jeder Verkauf zählt für sich.
  • Hat ein Erbe berufliche Nähe oder Branchenkenntnisse, so müssen sich das alle Erben anrechnen lassen (spezielle Fachkenntnisse).

 

Fazit

Unangenehm ist es, wenn vermeintliche private Liegenschaftsbesitzer nach einem Liegenschaftsverkauf von einer Umqualifikation überrascht werden und steuerlich als Liegenschaftshändler besteuert werden. Der Verkaufsgewinn der Liegenschaft wird neben der Grundstückgewinnsteuer (bzw. je nach Kanton Einkommenssteuer) plötzlich auch mit der direkten Bundessteuer und der AHV für Selbständigerwerbende belastet, was ohne weiteres eine zusätzliche Belastung durch Steuern und Sozialabgaben von gegen 20 Prozent ausmachen kann.

Hätte der Steuerpflichtige geahnt, dass Gewerbsmässigkeit vorliegen könnte, hätte er in der Vergangenheit andere, höhere Kosten mit seiner Steuererklärung geltend gemacht und allenfalls Abschreibungen auf der Liegenschaft vorgenommen. Aufgrund des Massgeblichkeitsprinzips hätten diese zusätzlichen Kosten und Abschreibungen jedoch in der Geschäftsbuchhaltung verbucht sein müssen und können bei einer überraschenden Umqualifikation grundsätzlich nicht mehr nachträglich geltend gemacht werden.

Bei einer Umstrukturierung oder Neuorganisation des Liegenschaftsbestands oder bei Unsicherheit bezüglich der steuerlichen Qualifikation empfiehlt es sich, den Status mit der Steuerverwaltung im Rahmen eines Rulings verbindlich abzuklären. Im Anschluss sollten rechtzeitig alle Dispositionen getroffen werden, um die steuerlichen Möglichkeiten vollumfänglich auszuschöpfen.

 

Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in diesem Text die männliche Form verwendet; die Angaben beziehen sich selbstverständlich auf Angehörige beider Geschlechter.

 


 

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