Steuertipp Nr. 30 – Besteuerung der Leistungen aus Altersvorsorge

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AHV - Pensionskasse - Säule 3a - Freizügigkeitsguthaben

In diesem Artikel konzentrieren wir uns vor allem auf die steuerlichen Bestimmungen der Direkten Bundessteuer gemäss dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (Stand am 1. Januar 2021). Bitte beachten Sie jedoch, dass auf kantonaler Ebene allfällige abweichende Regelungen zu beachten sind.

 

AHV (1. Säule der Altersvorsorge)

Die Leistungen der AHV können nur als Rente bezogen werden. Die AHV-Altersrenten unterliegen der Einkommenssteuer zu 100 Prozent (Art. 22 Abs. 1 DBG). Steuerfrei hingegen sind die Ergänzungsleitungen der AHV und der IV, die Hilflosenentschädigungen sowie die Kostenbeiträge der IV für Eingliederungs­massnahmen, Hilfsmittel sowie für die Sonderschulung.

 

Pensionskassen (2. Säule der Altersvorsorge)

Die Leistungen der Pensionskasse können als Rente oder Kapital bezogen werden. Die Renten unterliegen grundsätzlich (vgl. nachstehende Ausführungen) vollumfänglich der Einkommenssteuer.

Es gibt jedoch noch «altrechtliche» Bestimmungen bei Renten, die vor dem 1. Januar 2002 zu laufen begannen oder fällig wurden, sofern sie auf einem Vorsorgeverhältnis beruhen, das am 31. Dezember 1986 bereits bestand. Gemäss den Übergangsbestimmungen von Art. 204 Abs. 1 DBG sind solche Renten, welche ausschliesslich durch eigene Beiträge erworben wurden, zu 60 Prozent steuerpflichtig. Renten, die mindestens durch 20 Prozent eigene Beiträge finanziert wurden, sind zu 80 Prozent steuerbar. Der Steuerpflichtige muss eine Privilegierung explizit geltend machen, ansonsten werden die Renten vollumfänglich besteuert.

Die Kapitalleistungen aus Vorsorge werden gesondert vom steuerbaren Einkommen besteuert. Die Besteuerung erfolgt zu einem «privilegierten» Tarif, oft auch als Vorsorgetarif bezeichnet. Bei der Direkten Bundesteuer beträgt dieser einen Fünftel des ordentlichen Tarifs. Die Kantone haben eigene Tarife, ebenfalls mit einem privilegierten Steuersatz. In der Regel liegt die Besteuerung von Kapitalleistungen aus Vorsorge aller drei Steuerhoheiten (Bund, Kanton und Gemeinde) zwischen fünf und zehn Prozent der Vorsorgeleistung. Bei den meisten Kantonen ist eine Steuerprogression zu berücksichtigen.

Die verschiedenen Vorsorgeleistungen eines Kalenderjahres werden in der Regel für die Satzbestimmung zusammengezählt. In der Regel werden auch die Kapitalleistungen eines Ehepaars desselben Jahres für die Satzbestimmung addiert. Der Kanton Baselland begründet hier aber zum Beispiel eine Ausnahme. Die Kapitalleistungen werden für jeden Ehegatten separat veranlagt.

Die Freizügigkeitsleistungen aus Vorsorge können in der Regel nur als Kapital bezogen werden und werden genauso wie Kapitalzahlungen der Pensionskasse besteuert.

 

Säule 3a (3. Säule der Altersvorsorge)

Sowohl Kapitalleistungen (bei Banken- und Versicherungslösungen) als auch Renten (nur bei Versicherungen) werden wie Leistungen der Pensionskasse besteuert. Die Renten werden als normales Einkommen besteuert, Kapitalzahlungen - wie bei der 2. Säule - zum Vorsorgetarif, separat vom sonstigen Einkommen. Im gleichen Jahr ausgerichtete Kapitalleistungen (Säule 2, Säule 3a und Freizügigkeitsleistungen) werden für die Satzbestimmung zusammengezählt.

 

Die Steuerplanung bei Vorsorgeleistungen ist sehr wichtig

Diese Grundsätze lesen sich einfach und sie sind leicht nachvollziehbar. Daraus jedoch die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist meist nicht so einfach. Für die meisten Menschen in der Schweiz stellt das Vorsorgeguthaben einen bedeutendenden Vermögenswert dar.

Eine vorzeitige Steuer- und Vorsorgeberatung (nicht erst kurz vor der Pensionierung oder Teilpensionierung) ist daher entscheidend. Eine Beraterin oder ein Berater kann Optionen aufzeigen und Ihnen bei Ihrer Entscheidungsfindung weiterhelfen.

 

Mögliche Stolpersteine bei der Vorsorgeplanung

Bei einer rechtzeitigen Vorsorgeplanung gibt es viele Chancen und es können «Stolperseine» vermieden werden. Nachfolgend zeigen wir Ihnen anhand von zwei Beispielen solche Stolpersteine auf.

Sperrfrist beim Kapitalbezug aus der Pensionskasse

Sabine Huber erbte im Alter 62 Jahren einen höheren Geldbetrag von ihrer Tante. Da sie eine wesentliche Einkaufslücke bei der Pensionskasse hatte und sich eine höhere Rente wünschte, kaufte sie sich umgehend mit 70'000 Franken und im Folgejahr nochmals mit 50'000 Franken in die Pensionskasse ein und konnte so in diesen beiden Jahren die Einkommenssteuer reduzieren. Mit 64 Jahren entschied sich Sabine Huber, einen Teil des Vorsorgeguthaben als Kapital und den Rest als Rente zu beziehen.


Bei einem Einkauf und einem späteren Kapitalbezug gilt es, eine Sperrfrist von drei Jahren zu beachten, d.h. sofern der Einkauf drei Jahre vor dem Kapitalbezug erfolgte, wird dies als «Steuerumgehung» (ungeachtet des Auszahlungsgrundes) qualifiziert. Dies hat zur Folge, dass der Einkauf von 50'000 und 70'000 Franken bei der Einkommenssteuer nicht zum Abzug zugelassen wird. Wenn die Steuern in diesen Jahren schon rechtskräftig veranlagt wurden, erfolgt dies im Nachsteuerverfahren.

Wie bereits erwähnt, gilt die dreijährige Sperrfrist ungeachtet des Auszahlungsgrundes oder des Motivs. Sie kommt auch bei Kapitalauszahlungen infolge Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, bei Wegzug ins Ausland oder für Vorbezüge zur Wohneigentumsförderung (WEF) zum Tragen. Von der Dreijahresfrist ausgenommen sind lediglich Wiedereinkäufe im Falle einer Ehescheidung, sofern keine Steuerumgehung vorliegt.

Kapitalbezug aus der Pensionskasse für die Finanzierung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit

Kevin Mayer, ein Bauingenieur, hat eine gute Idee und er macht sich selbstständig. Da er die dafür nötigen Eigenmittel nicht aufbringen konnte, griff er auf seine Pensionskasse zurück. Gemäss Artikel 5 des Freizügigkeitsgesetzes (FZG) kann im Zusammenhang mit der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Barauszahlung der angesparten Beiträge bei der Pensionskasse verlangt werden – und genau das machte Kevin Mayer. Die Kapitalleistung wird zum Vorsorgetarif besteuert (vgl. vorgängige Ausführungen).

Später, bei Erwerbsaufnahme als selbstständig Erwerbender, hatte Andrea Mayer, die Ehefrau, Bedenken. Sie befürchtete, dass das Einfamilienhaus bei einem nicht versicherten Haftpflichtfall von Gläubigern beansprucht werden könnte. Die private Haftung ihres Mannes macht ihr Sorgen. In der Folge gründet Kevin Mayer eine GmbH und nicht - wie ursprünglich geplant - eine Einzelfirma. Sinnvoll?


Je nach Risikoeinschätzung wäre dies sinnvoll, allerdings ist Folgendes zu beachten: Obwohl sich oft auch Inhaberinnen oder Inhaber einer GmbH als «Selbstständigerwerbende» bezeichnen, sind sie aus rechtlicher Sicht unselbstständig Erwerbende.

Eine Kapitalauszahlung aus der Pensionskasse wäre bei einer Gründung einer Kapitalgesellschaft wie einer Aktiengesellschaft (AG) oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nicht möglich gewesen. Der Bezug des Kapitals aus der Pensionskasse erfolgte daher unrechtmässig.

In einem solchen Fall (wenn die bezogene Kapitalleistung nicht an die Pensionskasse zurückbezahlt werden kann) erfolgt eine Aufrechnung der Kapitalleistung bei der Einkommensteuer und die privilegierte Besteuerung zum Vorsorgetarif entfällt, was zu einer erheblichen steuerlichen Mehrbelastung führt.

 

Fazit

Die Aufgabe der Erwerbstätigkeit ist eine der wichtigen «Wendemarken» im Leben - in persönlicher, aber auch in finanzieller Hinsicht. Viele Menschen sind sich der Gestaltungsmöglichkeiten und auch der steuerrechtlichen Risiken diesbezüglich nicht vollumgänglich bewusst. Eine vorzeitige Steuer- und Vorsorgeplanung ist daher sehr wichtig.