MWST-Fallen bei der Übertragung von Teilvermögen

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Das Erkennen von potenziellen «Herausforderungen» bei der MWST kann manchmal sehr anspruchsvoll sein, ist aber ein wichtiger Teil der Risikoprävention. Nachfolgend ein kurzer Überblick über die partielle Steuersukzession bei sogenannten «Asset Deals».
 

Worum geht es?

Kurz vor Ausbruch der Corona-Krise hat das Bundesgericht am 21. Februar 2020 ein Urteil (2C_923/2018) zur partiellen Steuersukzession gefällt. Bis dahin handelte es sich hierbei um eine eher «rechts-technische Thematik», die in der Mehrzahl der praktischen Fälle für die meisten Unternehmen überschaubare MWST-Konsequenzen nach sich zog. Gerade im Hinblick auf die im Rahmen des wirtschaftlichen Einbruchs aufgrund der Corona-Krise zu erwartenden Sanierungen und Umstrukturierungen lohnt sich ein Blick in die gerichtlichen Ausführungen. Ansonsten kann sich die vermeintlich gute Investition für den neuen Eigentümer plötzlich als sprichwörtliche «Katze im Sack» herausstellen.
 

Partielle Steuersukzession bei der MWST

Die Thematik der Steuersukzession dreht sich um die Frage, wer gegenüber der Behörde für allfällige MWST-Risiken (im positiven und negativen Sinn) aus der Vergangenheit haftet. Bereits im Rahmen der Einführung des Mehrwertsteuergesetzes 1995 wurden Bestimmungen zur Steuersukzession in den Gesetzeswortlaut aufgenommen, die seither im Wortlaut an die Bestimmungen des Fusionsgesetzes angepasst, aber sinngemäss bis heute enthalten sind (Art. 16 Abs. 2 MWSTG).

Die Umsetzung in der Praxis erfolgte bisher so, dass der neue Eigentümer bei der Übernahme sämtlicher Aktiven und Passiven des früheren Eigentümers als dessen Steuernachfolger in sämtliche mehrwertsteuerlichen Rechte und Pflichten nachrückt und so für dessen mehrwertsteuerliche Fehler/Risiken wirtschaftlich geradestehen muss. Dies unter solidarischer Mithaftung des bisherigen Eigentümers während drei Jahren seit der Mitteilung oder Auskündigung der Übertragung (vgl. Art. 15 Abs. 1 Bst. d MWSTG). Voraussetzung hierzu war, dass einerseits - wie erwähnt - sämtliche Aktiven und Passiven übertragen werden und der bisherige Eigentümer gleichzeitig aus der Mehrwertsteuerpflicht ausscheidet (entweder in Folge Liquidation oder Wegfalls der obligatorischen Mehrwertsteuerpflicht).

Das Bundesgericht kommt im erwähnten Urteil nun zum Schluss, dass eine Steuersukzession auch dann gegeben sein kann, wenn ein Teilvermögen übertragen wird, das aus betriebswirtschaftlicher Sicht über Unternehmenseigenschaften verfügt (Teilbetrieb). Dies ist dann der Fall, wenn die übertragenen Aktiven und Passiven unabhängig von der bisherigen Struktur selbst am Markt überlebensfähig wären. Trifft dies - wie im Falle eines vom bisherigen Eigentümer als Sparte geführten Betriebsteils - zu, kommt nach Lesart des Bundesgerichts eine partielle Steuersukzession zur Anwendung. Die Haftung des Käufers beschränkt sich auf die noch offenen resp. noch nicht verjährten Steuerforderungen in Zusammenhang mit den übernommenen Vermögensgegenständen.

Somit lässt sich zusammenfassend festhalten, dass sämtliche Fälle, wo Unternehmen oder Unternehmensteile mit Hilfe einer Vermögensübertragung (Asset-Deal) an neue Eigentümer übergeben werden, vom erwähnten Urteil betroffen sind. Nicht unter den Anwendungsbereich fallen jedoch Verkäufe von Beteiligungsrechten (sog. Share-Deals) oder Umwandlungen im Sinne des Fusionsgesetzes, da im letztgenannten Fall kein Rechtsübergang stattfindet.
 

Praktische Auswirkungen

Die praktischen Auswirkungen sind nicht zu unterschätzen. Neu ist zwingend auch bei Asset-Deals die Frage der partiellen Steuersukzession zu klären. Dies mutet insofern eigenartig an, da sich bisher Übernehmende von Teilvermögen kaum mit MWST-Risiken der früheren Eigentümer befassen mussten, zumindest solange diese als Steuersubjekt nach dem Verkauf weiterbestanden. Entweder werden nun zukünftig im Einzelfall aufwändige Due-Dilligence-Arbeiten durchgeführt, um die mehrwertsteuerlichen Risiken in Zusammenhang mit den jeweiligen Vermögensübertragungen zu ermitteln oder es werden entsprechend umfassende Garantie- und Sicherstellungsklauseln ins Vertragswerk aufgenommen.

Als untrügliches - wenn auch viel zu spätes - Zeichen, das sofort sämtliche Alarmglocken zum Klingeln bringen sollte, ist die Bitte des Verkäufers, das Formular 764 zum Meldeverfahren baldmöglichst zu unterzeichnen. Spätestens dann ist das bisher eher als theoretisch wahrgenommene Risiko der (partiellen) Steuersukzession unsanft in der unternehmerischen Realität des Käufers angekommen und ist von ihm zu überprüfen oder überprüfen zu lassen.
 

Fazit

Um zu vermeiden, dass bei künftigen Asset Deals die übernehmende Partei möglicherweise unwissentlich in die Rechte und Pflichten der Übertragenden - bezogen auf das übernommene Geschäft - eintritt (selbst wenn die übertragende Rechtseinheit weiterhin besteht), sind Vorkehrungen dringend zu empfehlen.

Vertragliche Vereinbarungen über Informationspflichten sind unverzichtbar. Die übernehmende Partei muss sicherstellen, dass sie im Falle einer MWST-Revision alle Informationen hat, um ihrer Auskunftspflicht nachzukommen. Ist dies nicht der Fall bzw. liegen nur lückenhafte Informationen vor, wird die ESTV die Steuerforderung nach Ermessen einschätzen - der Käufer muss für solche Forderungen einstehen.

Unsere MWST-Experten unterstützen Sie gerne bei der Beurteilung der MWST bei Käufen von Unternehmen oder Übernahmen von Gesamt- oder Teilvermögen.


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